Es braucht Berührung, Selbstwirksamkeit und Verwandlung

Hartmut Rosas Überlegungen zur Unverfügbarkeit und der Aggression, mit der wir der Welt gegenüber treten, führen ihn schließlich zu drei Momenten, die für eine echte Resonanzbeziehung notwendig sind: die Berührung, die Selbstwirksamkeit und die Verwandlung.

Eine echte Berührung im Sinne Rosas setzt voraus, dass wir uns nicht mit einem eigenen Plan, eigenen Zielen oder unserer eigenen Logik in die Welt stellen, sondern bereit sind, uns auf den Plan, das Denken oder die Ziele einer anderen Person – oder in entsprechender Übertragung eines anderen Gegenstand oder einer Idee einzulassen. Sie wirklich zu verstehen und sie an uns heranzulassen. Keine Barrieren aufzubauen, sondern die echte Realität zu sehen (s. dazu auch Die Welt und ihr juristischer Zwilling und Erst verstehen, dann abschaffen).

Das zweite Moment ist die eigene selbstwirksame Antwort. Wir müssen und auf der einen Seite von unserem Gegenüber berühren lassen, müssen aber gleichzeitig eine eigene Antwort auf ihn (oder sie oder es) finden, die auf der Gegenseite wiederum eine Berührung auslöst. Wir müssen also nicht nur berührt werden, sondern auch selbst berühren. Dazu müssen wir uns zwar vollkommen auf die Situation einlassen, dürfen uns aber nicht vollständig in ihr auflösen, sondern müssen unsere eigene Handlungsfähigkeit bewahren.

Wenn eine solche wechselseitige Berührung stattfinden kann, hat sie das Potenzial uns zu verwandeln, uns zu jemand anderem zu machen, als wir vorher waren – und das ist das dritte Moment. Dabei ist im Vorhinein jedoch vollkommen offen, ob diese Verwandlung stattfindet und in welcher Form sie uns hinterlässt:

„Weil Resonanz konstitutiv ergebnisoffen ist, steht sie in einem grundlegenden Spannungsverhältnis zur sozialen Logik der unablässigen Steigerung und Optimierung“

Auch die Resonanz selbst entzieht sich unserer Planbarkeit:

„Ob sich Resonanz einstellt, und wenn ja, wie lange sie dauert, lässt sich niemals vorhersagen. Resonanz ist konstitutiv unverfügbar, und es geht uns mit ihr wie mit dem Einschlafen: Je intensiver wir es wollen, umso weniger gelingt es uns.“

Wenn Resonanz also selbst kaum planbar ist und dann auch offen bleibt, was sie „uns bringt“, dann ist es kein Wunder, dass wir in unserer durchrationalisierten Welt immer weniger Resonanzmomente erleben. Im Gegenteil wird sie uns sogar zur Gefahr, weil sie unser geplantes und geordnetes Leben gehörig durcheinander würfeln kann. Und so verschließen wir uns der Welt gegenüber lieber, anstatt ihr offenen Auges und offenen Herzens gegenüberzutreten und ihr zu erlauben, uns zu verwandeln.

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