Wir müssen schon wieder überdenken, wie wir mit Waldbränden umgehen

Ein Beispiel für den grundlegenden Wandel, den die Klimakatastrophe mit sich bringt, ist die Frage danach, wie wir am besten mit Waldbränden umgehen. David Wallace-Wells rekonstruiert diesen Konflikt in seinem ohnehin sehr lesenswerten Newsletter (€):

Im 20. Jahrhundert wurden Waldbrände möglichst sofort unterdrückt, sobald sie erkannt wurden. Egal wann, egal wo, wenn der Wald anfing zu brennen wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, das Feuer schnellstmöglich zu stoppen. Dies war nicht nur für die Feuerwehrleute gefährlich, die regelmäßig in unwegsamem Gebiet nah an den Feuern arbeiten mussten, sondern war auch ökologisch nicht ratsam. Feuer erfüllen eine wichtige Funktion in einem Wald, indem sie trockenes Unterholz zerstören und so nicht nur weitere Brände verhindern, sondern dem Boden auch neue Nährstoffe zuführen.

Die Lehre daraus für das 21. Jahrhundert schien einfach: Wir lassen die Feuer nun erstmal brennen und fokussieren uns darauf, menschliche Siedlungen und natürlich Menschenleben zu schützen. So kann sich der Wald regenerieren, die Brände werden nach und nach schwächer und es entsteht ein neues, stabileres Gleichgewicht. Gut gedacht, aber …

Durch die veränderten Klimabedingungen, die langen Dürren, die anderen Winde hat sich auch die Dynamik von Waldbränden verändert. Diese nehmen nun ganz andere Ausmaße an und sind – einmal in Gang gekommen – kaum noch zu stoppen. So zitiert Wallace-Wells:

“The most powerful firefighting equipment that humans have — Canadair planes that cost roughly $35 million each and drop 30 bathtubs’ worth of water at a time — can extinguish fires with an intensity of up to 10,000 kilowatts per meter of fire line,” Henry Mance wrote recently in The Financial Times. “Today’s mega-fires are a different order of magnitude, sometimes exceeding 100,000 kilowatts per meter” — 10 times as intense. Water dumped from above can evaporate before it reaches the ground.

Dazu kommt noch, dass großflächige Waldbrände gewaltige Mengen CO₂ ausstoßen, die nicht in nationalen Emissionsstatistiken auftauchen und in keinerlei Budget eingerechnet werden:

Wildfire emissions typically aren’t even recorded on the balance sheet of any particular country’s ledger, but according to some tabulations, in 2021 wildfires in North America and Eurasia contributed more carbon dioxide to the atmosphere than any nation but China, the United States and India

Und so müssen wir unsere gerade erst angepasste Vorgehensweise möglicherweise wieder überdenken und stehen einer verzwickten Situation gegenüber, in der wir nicht alle Ziele gleichzeitig erfüllen können:

These climate morality plays flatter our intuitive sense that humans, however irresponsible, remain in charge. But while emissions do control the planet’s thermometer, the natural world is already bushwhacking its own path through the hotter future

Es zeigt sich also auch hier wieder, dass unsere Überzeugung, die natürliche Welt kontrollieren oder zumindest lenken zu können, immer mehr zu einem Ausdruck unglaublicher Hybris wird, je weiter die Klimakatastrophe voranschreitet.

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