Attraktoren als Ordnungsprinzip emergenter Systeme

Ein Attraktor ist eine Art Gleichgewicht, auf das sich ein komplexes System zubewegt. Dabei erreicht es diesen Attraktor nie genau, aber nähert sich ihm an und bleibt immer in seiner Nähe.

Um über emergente Systeme sprechen zu können, brauchen wir neue Begrifflichkeiten. Diese helfen uns, Phänomene zu beschreiben, die daraus entstehen, dass zahllose kleine Komponenten miteinander interagieren und damit etwas „Neues“ auf der übergeordneten Ebene entsteht. Diese Begriffe beschrieben dabei nicht die Komponenten an sich (im Taoismus qi), sondern deren Beziehung und Interaktion miteinander (li).

Wenn wir den Gedanken ernst nehmen, dass emergente Phänomene überall um und herum sind, stellt sich als Erstes die Frage, warum sie uns dann so stabil und gleichförmig erscheinen. Hier kann uns unter anderem der Begriff des Attraktors weiterhelfen.

Ein Attraktor ist dabei eine Art Gleichgewicht, auf das sich ein komplexes System zubewegt. Dabei erreicht es diesen Attraktor nie genau, aber nähert sich ihm an und bleibt immer in seiner Nähe. Im Gegensatz zu einem klassischen Gleichgewicht kommt das System aber nicht zum Stillstand, sondern bleibt dynamisch in Bewegung. Es bewegt sich dabei aber immer im Rahmen gewisser Parameter und entfernt sich nur unter besonderen Bedingungen wieder weiter von seinem Attraktor. Besonders stabil sind diese Systeme gegenüber zufälligen Fluktuationen.

So lässt sich erklären, dass Wasser immer auf eine bestimmte Weise in den Abfluss fließt oder Kerzenflammen ihre Form behalten. Aber auch die Form von Organen, das Bewusstsein oder Kultur lassen sich mit der Hilfe des Attraktor-Konzepts erklären. Sie beschreiben stabile Phänomene, die nie identisch sind, sich aber doch sehr oft in sehr ähnlicher Gestalt entwickeln. Dabei können sich Attraktoren wissenschaftlich erklären lassen, sie müssen es aber – zumindest nach jetzigem Stand – nicht.

Jeremey Lent beschreibt in seinem Buch The Web of Meaning unser Bewusstsein als einen solchen Attraktor, der dafür sorgt, dass wir auf bestimmte Inputs in ähnlicher Weise reagieren und dafür, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge richten. Es wird dann zu einer Art Filter, der sich beispielsweise durch psychedelische Drogen deaktivieren lässt, was dann wiederum zu mystischen Erfahrungen der Transzendenz führen kann.

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