Affen verfügen über komplexe soziale Fähigkeiten

Verschiedene Affenarten verfügen über die Fähigkeit, in komplexen sozialen Strukturen strategisch zu agieren. Außerdem haben sie ein Gefühl von Fairness, das dem der Menschen ähnelt.

Mach wir mal weiter mit all den Punkten, in denen wir den Mensch gerne für besonders kompetent halten, die sich bei genauerem Hinsehen aber auch bei anderen Tieren wie zum Beispiel – aber bei weitem nicht nur – Menschenaffen zeigen. Diesmal geht es in Frans de Waals Buch Are We Smart Enough To Know How Smart Animals Are? um die Komplexität des Soziallebens und die Fähigkeit einzelner Individuen, sich darin strategisch zu bewegen.

Hier ist de Waal selbst einer der zentralen Autoren, der diese Perspektive gegen erheblichen Widerstand der Disziplin eingebracht hat und schließlich etablieren konnte. Ausgangspunkt hierfür waren tausende Stunden Beobachtung einer Gruppe Schimpansen im niederländischen „Safari-Zoo“ Burger‘s Bush. Eine besonders prägnante Beobachtung betrifft dabei den Schimpansen Yeroen, der in den gruppeninternen Machtkämpfen ein erstaunliches politisches Gespür an den Tag legt:

Why did Yeroen throw his support behind this parvenu instead of joining the established power? It is informative to look at studies of human coalition formation, in which players win games through cooperation, and to study the balance-of-power theories about international pacts. The basic principle here is the “strength is weakness” paradox, according to which the most powerful player is often the least attractive political ally because this player doesn’t really need others, (S. 167)

De Waal kann hier also bei Schimpansen ein Verhalten beobachten, dass wir bei Menschen aus den Politikwissenschaften kennen. Eine komplexe Kombination aus einem Gespür für die aktuelle Machtstruktur, möglichen Entwicklungsdynamiken und angepasstem Timing, die es Yeroen ermöglichen soll, eine höhere Stellung in der Gruppe einzunehmen. Mir zumindest fällt es auch schwer, darin lediglich das Abspulen eines genetisch determinierten oder durch Konditionierung erlerntes Programms zu sehen, wie es die klassische Verhaltensforschung erklären würde.

De Waal gliedert dabei die erheblichen sozialen Kompetenzen noch einmal auf und zeigt an vielen Beispielen, dass sie bei verschiedenen Tierarten durchaus in relevantem Maße ausgeprägt sind – für ihn ein klares Zeichen für eine Art sozialer Intelligenz.

Den Anfang macht hier etwas, das er triadic awareness nennt, also das Wissen der nicht-menschlichen Tiere über die sozialen Beziehungen anderer Individuen. Hier wissen Tiere also beispielsweise nicht nur, wer ihnen selbst nahe steht, sondern auch welche anderen Personen sich nahe stehen, oder, welche Rivalitäten es unter ihren Artgenossen gibt. De Waal führt hier zum Beispiel an:

The same sort of social knowledge can be seen at more spontaneous moments, when a juvenile female picks up an infant that is unsteadily walking about, only to carry it back to its mother, which means that she knows which female the infant belongs to.

Ähnliches gilt für die Fähigkeit zur gezielten und gleichzeitig sozial eingebetteten Kooperation, die Tieren oftmals abgesprochen wird, da sie Gefangene ihrer genetischen Programme und ihrer Triebe seien:

Despite their poor reputation, I had seen too many scenes of chimpanzees trying to keep the peace and reduce tensions to worry that they would all of a sudden abandon such efforts.

Auch in der Kooperation zeigt sich eine soziale Komplexität, die weit über das hinausgeht, was man Tieren lange Zeit zugetraut hat. Kooperation wird nämlich nicht nur zur Wahrung des Friedens eingesetzt, oder um einen unmittelbaren Nutzen zu erlangen. Sie ist bei Schimpansen und anderen Affen mit Erwartungen und Normen verbunden, die von allen Mitgliedern einer Gruppe geteilt und deren Einhaltung sanktioniert wird:

Furthermore, primates prefer partners who cooperate eagerly and are tolerant enough to share the prize. They also understand that a partner’s labor requires repayment. Capuchin monkeys, for example, seem to appreciate each other’s effort in that they share more food with a partner who has helped them obtain it than with one whose help went unneeded.

Dabei zeigen sich im Blick auf die Fairness Verhaltensweisen, die wir auch vom Menschen kennen, und die selbst bei nicht-menschlichen Tieren die Theorie in Zweifel ziehen, es ginge ihnen lediglich um unmittelbaren „Nutzen“. So zeigt sich beispielsweise bei einer Art Kapuzineraffen, dass diese eine Belohnung nicht akzeptieren, wenn sie sehen, dass ein Artgenosse für dieselbe „Arbeit“ eine bessere Belohnung bekommt. Ein Phänomen, dass schon beim Menschen die klassische ökonomische Theorie vor Rätsel stellt.

But they were vehemently opposed to unequal outcomes, if one got grapes and the other got cucumber. The cucumber monkey would contentedly munch on her first slice, but after noticing that her companion was getting grapes, she would throw a tantrum. She’d ditch her measly veggies and shake the testing chamber with such agitation that it threatened to break apart.

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