Bewusstseinsforschung deutet auf grundlegende Unvollständigkeit der Wissenschaft

Die Erforschung des Bewusstseins deutet darauf hin, dass eine vollständige Untersuchung des Menschen faktisch unmöglich ist.

Die Schwierigkeiten der Neurowissenschaften, das Bewusstsein zu isolieren und experimentell zu untersuchen, bieten ein weiteres Indiz dafür, dass das grundlegende Versprechen der Wissenschaft, die Welt verstehbar und kontrollierbar zu machen, letztlich nicht einzuhalten ist.

So schreibt Erik Hoel in seinem Buch The World Behind the World: Consciousness, Free Will, and the Limits of Science:

I got into science because I thought the universe was knowable. At the end of an education, I think the universe is unknowable. (S. 143)

Er kommt zu diesem Schluss, weil er am Beispiel des Bewusstseins erkannt hat, dass es die vorgeblich „neutrale“ Beobachtungsposition der Wissenschaft nicht gibt. Wir Menschen können uns nicht aus der Welt lösen und sie in ihrer Gesamtheit und allen relevanten Kausalbeziehungen überblicken. Es wird immer Aspekte geben, die uns aus unserer Perspektive verborgen bleiben. Eine Erkenntnis, die sich eigentlich schon aus der Entdeckung und Formulierung der Quantenmechanik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ergab.

That is, there is never any true resting spot wherein the totality of facts are under consideration, since this always involves specifying some perspective, and a perspective, at least once we imagine it, contains an observer.

Damit spiegelt er eine Formulierung des Physikers Niels Bohr, die Werner Heisenberg in seinem äußerst lesenswerten Buch Der Teil und das Ganze wiedergibt:

In Wirklichkeit haben wir doch bei den atomaren Erscheinungen von der Natur die Belehrung empfangen, daß man das Wort ‚Phänomen‘ gar nicht verwenden kann, ohne gleichzeitig genau zu sagen, an welche Versuchsanordnung oder welches Beobachtungsmittel dabei gedacht werden soll.

Und auch in der Bewusstseinsforschung ist es eben genau das Problem der Messbarkeit und zusätzlich der engen Verschmelzung von interner und externer Perspektive und der systematischen Unmöglichkeit, aus unserem eigenen Denken herauszutreten.

Für die Mathematik ist seit dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz klar, dass ihre eigene Vollständigkeit nicht beweisbar ist. Für die Erforschung des Menschen scheint nun sogar der Schluss nahezuliegen, dass eine vollständige Untersuchung faktisch unmöglich ist. Dazu Hoel:

we should ask if science itself has similar limits to its knowledge. Not limitations due to complexity, or difficulty, but rather based on fundamental foundational constraints.

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