Bei Informationen und Wissen sollten wir klar zwischen Flüssen und Lagern unterscheiden

Wenn wir darüber nachdenken, auf welche Weise Informationen strukturiert und geordnet werden können, gibt es zahlreiche unterschiedliche Ansatzpunkte. Ein Ansatzpunkt, der gerade im Internet immer wichtiger geworden ist, ist die zeitliche Dimension. In den letzten Jahren hat sich das Internet von einer Sammlung statischer Informationen immer mehr in Richtung von zeitlich strukturierten Nachrichtenströmen entwickelt. Dabei ist dies keineswegs immer die ideale Organisationsform – oder auch nur eine sinnvolle.

Um das klarer sehen zu können, lohnt sich der Blick auf eine Unterscheidung, die ursprünglich aus der Betriebswirtschaft kommt, die Unterscheidung zwischen Flüssen und Lagern.

  • Ein Fluss ist eine konkrete Veränderung zu einem bestimmten Zeitpunkt: Eine Zahlung geht auf einem Konto ein oder eine Lieferung kommt an ihrem Bestimmungsort an. Danach ist der Fluss abgeschlossen und nur noch insofern relevant, als dass er den Zustand in einem Lager verändert hat
  • Ein Lager hingegen ist erstmal zeitunabhäig und beschreibt den Zustand bzw. das gesammelte Material: Ein Konto gibt den Kontostand an, der derselbe bleibt, solange er nicht durch einen Fluss verändert wird. Das Inventarsystem gibt die Zahl der Produkte an und verändert sich nur, wenn welche verkauft oder angeliefert werden.

Diese Unterscheidung lässt sich nun auch auf Informationen bzw. Wissen übertragen:

  • Ein Informationsfluss gibt mir zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Information. Diesen Zeitpunkt bestimme nicht ich als Empfänger der Information, sondern deren Sender. Das eindeutigste Beispiel sind hier Newsfeeds wie Twitter oder Facebook. Wenn ich die Information nicht in dem Moment verarbeite, wo ich sie zum ersten Mal sehe, ist sie kurz darauf schon wieder weg.
  • Ein Lager an Informationen hingegen ist einfach da und ich als Empfänger von Informationen kann es aufsuchen, wann immer ich möchte. Die Informationen sind nicht zeitlich strukturiert, sondern inhaltlich oder nach anderen Kriterien. Die Wikipedia ist ein Beispiel für ein solches Lager

Flüsse und Lager haben unterschiedliche Stärken und Schwächen:

  • Flüsse von Informationen halten mich immer auf dem aktuellsten Stand. Sie berichten über Veränderungen und akut Interessantes. Wenn ich mich in einem Thema bereits gut auskenne, kann ich die Aktualisierungen für mich interpretieren und einordnen. Ich füge meinem bestehenden Wissensmodell einen Aspekt hinzu. Gleichzeitig bin ich aber eben gezwungen, die Information sofort zu verarbeiten, weil sie kurz darauf im Strom der Aktualisierungen an mir vorbei gezogen ist. Wenn ich später auf sie zugreifen will, muss ich mich mühsam durch das Archiv des Flusses arbeiten und hoffen, sie wiederzufinden.
  • Lager hingegen halten Informationen in einer Form bereit, in der ich sie einfach abrufen kann, wenn ich sie benötige: Sie sind idealerweise inhaltlich strukturiert und immer auf dem neuesten Stand, sodass ich mich jederzeit und ohne Vorwissen in ihnen bewegen und für mich relevante Informationen finden kann. Dafür sind Aktualisierungen nicht als solche gekennzeichnet. Wenn ich mich in dem Thema schon auskenne, muss ich mühsam den gesamten Inhalt nach Dingen absuchen, die sich verändert haben.

Die Stärken beider Ansätze lassen sich kombinieren, in dem ein gut gepflegtes Lager mit Informationen und ein ebenso gut gepflegter Fluss zusammen gedacht werden. Der Fluss kann dann zeitlich strukturiert über die Veränderungen im Lager informieren, während die eigentlichen Informationen im Lager gut auffindbar abgelegt sind.

Leider dominiert im Internet aktuell die Form des Stroms, was relevante und wichtige Informationen schwer auffindbar macht. Daher plädiere ich dafür, dass Produzierende ihre Inhalte wann immer möglich neben den Strom platzieren und auch Leser*innen öfter neben den Strom treten.

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