Auf den Roman „Blaupause“ war bin ich in erster Linie aufmerksam geworden, weil ich vor ein paar Wochen erst einen aktuelleren Roman von Theresia Enzensberger gelesen hatte, „Auf See“. Auch hier begleiten wir eine junge Frau – Yada –, die diesmal die Wahrheit hinter einem großen Projekt ihres Vaters entdeckt, das ihre ganze Welt geworden ist.
Yada lebt auf einer künstlichen Insel in der Ostsee, die ihr Vater mit einigen anderen zusammen als liberales Utopia inmitten einer untergehenden Welt erschaffen hat. Umgeben von einem Wellenbrecher als Schutzwall und Windfarmen verbringt sie ihre Tage zwischen Unterricht und angespannten Abendessen mit ihrem Vater. Die Insel ist mittlerweile jedoch weitestgehend verlassen und so lebt Yada einsam und abgeschieden – wie ihr Vater behauptet, um sie vor der zusammengebrochenen Zivilisation auf dem Festland zu beschützen.
Ganz ähnlich wie in dem Bauhaus-Roman „Blaupause“ erzählt Enzensberger hier von einem Versuch, die Welt zu kontrollieren und ihre Komplexität auf einige wenige Punkte herunterzubrechen. Nur geht es diesmal nicht um Gestaltung und Architektur, sondern die Flucht aus der komplexen „echten“ Welt auf eine technisch geschaffene künstliche. Der Schwerpunkt liegt dieses Mal jedoch deutlicher auf der Abgrenzung bestehender politischer Strukturen. Dazu erzählt Enzensberger nicht nur Yadas Geschichte, sondern gibt mithilfe eines mysteriösen Archivs auch Einblicke in andere Versuche, auf der See die absolute Unabhängigkeit zu erfahren.
Die Geschichte ist souverän und leicht lakonisch erzählt und anders als noch in „Blaupause“ schafft es die Autorin diesmal auch, mir einen echten Zugang zu der Gefühlswelt der Hauptfigur zu vermitteln.