Fokuspunkte der Unterwerfung

In seinem Buch „Unter­w­er­fung“ arbeit­et Phillip Blom her­aus, wie sich die Idee der Unter­w­er­fung durch die west­liche Ideengeschichte zieht. Dabei beschreibt er unter­schiedliche Kristalli­sa­tion­spunk­te dieser Ide­olo­gie, die sich his­torisch gegen­seit­ig abgelöst haben. Sie boten eine Recht­fer­ti­gung für die Unter­w­er­fung­spro­jek­te der entsprechen­den Epoche.

  1. Reli­gion: Hier sieht Blom den Ursprung dieser Ide­olo­gie, uns zwar im ersten Schritt in der Unter­schei­dung zwis­chen göt­tlich­er Seele und weltlichem Kör­p­er, bei der die weltlichen Triebe in erster Lin­ie unter­drückt – sprich unter­wor­fen – wer­den soll­ten. Dieser Kon­flikt wurde schließlich mis­sion­ar­isch nach Außen getra­gen und der Kon­flikt zwis­chen „zivil­isierten“ Grup­pen und „bar­barischen“ so moralisch aufge­laden.
  2. Ver­nun­ft: Mit der Renais­sance und der Aufk­lärung trat die men­schliche Ver­nun­ft an die Stelle der göt­tlichen Seele. Mit Blick auf die Unter­w­er­fung änderte sich damit aber nur die Recht­fer­ti­gung und nicht das eigentliche Muster. Der Men­sch wurde weit­er vom Rest der Welt los­gelöst und dieser Rest als zu kon­trol­lierende und kon­trol­lier­bare Ressource gese­hen.
  3. Haut­farbe: Mit der fortschre­i­t­en­den Säku­lar­isierung ver­liert die Reli­gion nach und nach ihre Fähigkeit, den Wider­spruch zwis­chen proklamiert­er moralis­ch­er Über­legen­heit und began­genen Gräueltat­en aufzulösen. Wenn die Gren­ze zwis­chen Zivil­i­sa­tion und Bar­barei nicht länger an der Reli­gion fest­gemacht wer­den kann, braucht es etwas Neues – ger­ade auch, um die zunehmende „Unter­w­er­fung der Ressource Men­sch“ zu recht­fer­ti­gen. Statt „Chris­ten­men­schen“ und „Hei­den“ gibt es nun „Weiße“ und „Schwarze“.
  4. Wahrheit: Mit dem 18. und 19. Jahrhun­dert kommt schließlich der Sire­nenge­sang der wis­senschaftlichen Wahrheit ins Spiel. Sie diente u.a. der Unter­mauerung von Ras­sis­mus und Sex­is­mus bis hin zu den eugenis­chen Pro­jek­ten der ersten Hälfte des 20. Jahrhun­derts und dem Holo­caust.
  5. Kap­i­tal­is­mus: Im Laufe des 20. Jahrhun­derts tritt der Kap­i­tal­is­mus immer stärk­er an die Seite der Wis­senschaft, um nicht die Unter­w­er­fung von Natur und Men­schen zu recht­fer­ti­gen.

Wie jede weit­greifende Klas­si­fizierung stellen auch diese fünf Schritte sicher­lich nur eine Annäherung dar. Es wird aber schön deut­lich, dass wir mit­tler­weile zwar ein­er anderen Rhetorik fol­gen, der Kern der mod­er­nen Gesellschaft aber immer noch in der christlichen Tren­nung von „Göt­tlichem“ und „Weltlichem“ zu find­en ist.

Vielle­icht hil­ft dieser Gedanke uns auch, die aktuellen Krisen zu ver­ste­hen – nicht in ihrer konkreten Aus­prä­gung, son­dern im Sinne der grundle­gen­den Schwierigkeit­en, die wir damit haben, über sie nachzu­denken und sie zu ver­ar­beit­en.

Quellen

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