Das Leben als Frau und das Leben als Mann

Dass Männer und Frauen in unserer Gesellschaft unterschiedlich behandelt werden, ist mittlerweile glücklicherweise unumstritten. Einen ganz besonderen Blick auf diese Unterschiede haben transsexuelle Menschen, die in ihrem Leben beide Seiten am eigenen Leibe erfahren.

Tara Bahrampour hat für einen Artikel in der Washington Post – Crossing the Divide – mit vier sehr unterschiedlichen (Trans-)Männern darüber gesprochen, wie sich ihr Leben im männlich gelesenen Körper von dem im weiblich gelesenen unterscheidet. Dabei wird deutlich, wie komplex und unterschiedlich die Erfahrungen im männlichen und im weiblichen Leben sind und dass dabei z.B. auch die Hautfarbe eine wichtige Rolle spielt.

Besonders deutlich wird der Punkte bei Trystan Cotten, der berichtet, wie anders er jetzt als schwarzer Mann wahrgenommen wird: Auf einmal wird er von anderen als Gefahr gesehen und häufiger von der Polizei angehalten. Auch im öffentlichen Raum nimmt er sich zurück, um nicht unangenehm aufzufallen.

Being a black man has changed the way I move in the world. I used to walk quickly or run to catch a bus. Now I walk at a slower pace, and if I’m late I don’t dare rush. I am hyper-aware of making sudden or abrupt movements, especially in airports, train stations and other public places. I avoid engaging with unfamiliar white folks, especially white women. If they catch my eye, white women usually clutch their purses and cross the street.

Trystan Cotten in Crossing the divide von Tara Bahrampou

Zander Keig arbeitet als Sozialarbeiter in einem traditionell weiblich geprägten Beruf und nimmt einen großen Unterschied darin wahr, wie er von seinen Kolleg*innen – aber auch sonst in der Öffentlichkeit – wahrgenommen wird:

What continues to strike me is the significant reduction in friendliness and kindness now extended to me in public spaces. It now feels as though I am on my own: No one, outside of family and close friends, is paying any attention to my well-being.

Zander Keig in Crossing the divide von Tara Bahrampour

Chris Edwards wirft die Blick nach innen und kann nach der Hormonbehandlungen beobachten, wie sich sein eigenes Verhalten verändert. So fällt es ihm zum Beispiel schwerer, für seine Freundinnen der gute Zuhörer zu sein, der er vor seinem Übergang war. Er schreibt aber auch, dass ihm diese Veränderungen beruflich definitiv weitergeholfen haben:

It’s definitely true that some male behavior is governed by hormones. Instead of listening to a woman’s problem and being empathetic and nodding along, I would do the stereotypical guy thing — interrupt and provide a solution to cut the conversation short and move on. I’m trying to be better about this.

Chris Edwards in Crossing the divide von Tara Bahrampour

Alex Poon schließlich erzählt, wie seine chinesische Herkunft verhindert, dass er als der maskuline Mann wahrgenommen wird, als der er sich fühlt. Trotzdem nimmt er eine deutliche Veränderung darin wahr, wie sich seine Kolleg*innen ihm gegenüber verhalten:

When people thought I was a woman, they often gave me vague or roundabout answers when I asked a question. I’ve even had someone tell me, “If you just Googled it, you would know.” But now that I’m read as a man, I’ve found people give me direct and clear answers, even if it means they have to do some research on their own before getting back to me.

Alex Poon in Crossing the divide von Tara Bahrampour

Alle vier Berichte machen sehr schön deutlich, wie unterschiedlich die Lebensrealitäten von Männern und Frauen immer noch sind. Sie zeigen auf, dass im konkreten Erleben beide Seiten ihre positiven und ihre negativen Aspekte haben. Während alle von einer Verbesserung in ihrer beruflichen Position nach dem Übergang berichten, scheinen sich soziale Interaktionen deutlich kälter zu gestalten – unabhängig von ihrer besonderen Position als Transmänner.

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