Auch Kritik kann einen Hype verstärken

Der Wert von Unternehmen und in gewis­sem Maße auch ihr Umsatz hängt nicht unbe­d­ingt davon ab, welche Leis­tung sie tat­säch­lich erbrin­gen. Er hängt vielmehr in einem hohen Maße davon ab, welche Erwartun­gen ihnen zugeschrieben wer­den.

Ein aktuelles Beispiel, das Lee Vin­sel schon 2021 beschreibt, ist die Erzäh­lung von Googles und Face­books gigan­tis­chem Daten­schatz, der es Unternehmen ermögliche, ihre Wer­bung viel effizien­ter zu platzieren, ja qua­si unmit­tel­bar in den Kopf der per­fekt zugeschnit­ten Ziel­gruppe einzu­drin­gen. Dabei gibt es Vin­sel zufolge deut­liche Hin­weise und Forschungsar­beit­en dazu, dass dies keineswegs der Fall sei. Dem­nach führe Wer­bung auf Face­book und Google keineswegs dazu, dass weniger Wer­begeld einen größeren Effekt erziele.

Hier wirken die öffentlich vielfach wieder­holte Erzäh­lung und die spez­i­fisch monop­o­lis­tisch-monop­son­is­tis­che Mark­t­po­si­tion von Plat­tfor­men wie Face­book und Google zusam­men. Selb­st wenn Unternehmen plöt­zlich erken­nen wür­den, dass Wer­begelder dort keineswegs effizien­ter einge­set­zt sind, gäbe es für sie im Grunde gar keine Alter­na­tive, diese woan­ders „klas­sis­ch­er“ einzuset­zen.

Trotz­dem ist es für die Plat­tfor­men von zen­traler Bedeu­tung, das Nar­ra­tiv ihres „Daten­schatzes“ aufrechtzuer­hal­ten. Dabei bekom­men sie Unter­stützung von uner­warteter Seite – von vie­len Ihrer Kritiker*innen. Diese war­nen vor „Überwachungskap­i­tal­is­mus“ oder „Gehirn­ma­nip­u­la­tion“ und machen dabei in erster Lin­ie eins: Sie übernehmen das Nar­ra­tiv zur Macht und den Möglichkeit­en, die mit den vorhan­de­nen Daten­samm­lun­gen vorhan­den sind. Sie nehmen sie als gegeben an und denken von dort weit­er, anstatt die Möglichkeit­en an sich kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. Vin­sel nen­nt dieses Phänomen „Criti-Hype“.

Auch in der aktuellen Diskus­sion um „KI“ kön­nen wir dieses Vorge­hen wieder sehr schön beobacht­en: Das erset­zt „KI“ den Men­schen, übern­immt die Weltherrschaft oder verän­dert unsere Welt für immer und grundle­gend, ohne dass hin­ter­fragt wird, ob diese Möglichkeit tat­säch­lich beste­ht. Kein Wun­der also, dass selb­st der CEO von Ope­nAI, dem Unternehmen hin­ter Chat­G­PT zum Kri­tik­er der eige­nen Tech­nolo­gie wird und ein Forschungsmora­to­ri­um fordert, um die Gefahren von „KI“ bess­er erforschen zu kön­nen. Er for­muliert damit zwar eine Gefahr, befeuert jedoch in erster Lin­ie den Hype um sein eigenes Pro­dukt – getreu dem al Mot­to „Es gibt keine schlechte PR“.

Quellen

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