Bernardino Telesio blickt im 16. Jhdt. mit modernem Blick auf den Menschen

Auch wenn die Philosophen der Ideengeschichte, die heutzutage als Kanon gelten, im Kern nie am christlichen Motiv der Unterwerfung der Welt gerüttelt haben, gab es doch ebensolche Autoren. Diese werden heute jedoch wesentlich weniger diskutiert, eben weil sie unseren grundlegenden Blick auf die Welt immer noch infrage stellen.

Einer dieser Denker ist Bernardino Telesio, der bereits Mitte des 16. Jahrhunderts ein Weltbild formulierte, das der heutigen idealisierten Form der wissenschaftlichen Methode ähnelt. Er wendet sich explizit gegen große philosophische Gedankengebäude und fordert eine vorurteilslose Beobachtung der Natur aus ihrer eigenen Logik heraus. So schreibt Phillip Blom in seinem Buch Unterwerfung:

Telesio behauptete, dass die natürliche Welt nicht nach der Bibel oder nach aristotelischen Theorien verstanden werden konnte, sondern dass alles Geschehen in der Natur nur aus sich selbst heraus verständlich wird, aus der vorurteilslosen Beobachtung. Die Welt habe genug unter grundlosen philosophischen Spekulationen gelitten.

Diese Perspektive ist heutzutage philosophisch anschlussfähig – wenn auch in der tatsächlichen wissenschaftlichen Praxis durch eine bestimmte Form des Pragmatismus abgelöst. Mehr Sprengkraft haben seine Beobachtungen dazu, wie wir Menschen denken und lernen – Ideen, die mich an Konzepte der kognitiven Dissonanz oder eben der Paradigmen denken lassen, die erst in den letzten Jahrzehnten im Mainstream angekommen sind:

Der menschliche Verstand zieht in das, was er einmal als wahr angenommen hat, weil es von alters her gilt und geglaubt wird, oder weil es gefällt, auch alles Andere hinein, um Jenes zu stützen und mit ihm übereinstimmend zu machen.