Monopole der Aufmerksamkeit brauchen eigene Regulierung

Wenn Online-Plattformen zwischen Nachfrage und Angebot vermitteln, übernehmen sie eine Funktion, die sonst oft ein Markt erfüllt. Mit ausreichender Zentralisierung können sie ein regelrechtes Monopol auf die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer*innen errichten, das sie dann in ihrem Interesse ausnutzen. Auch gerechtfertigten Gewinnen aus einer marktförmigen Tätigkeit werden dann Monopolrenditen aus der Kontrolle über einen knappen Produktionsfaktor.

Diese Monopolstellung bei der Erfüllung marktlicher Aufgaben erfordert eine besondere Regulierung. Dabei reichen übliche Formen, die an Preisen oder anderen monetären Kennzahlen ansetzen, jedoch nicht aus, da die Plattformen auf der Seite der Nachfrage meist kostenlos sind. Hierzu schreiben Tim O‘Reilly, Ilan Strauss und Mariana Mazzucato in ihrem Paper Algorithmic Attention Rents: A theory of digital platform market power:

The lack of disclosure of operating metrics for the free side of internet aggregators is a gaping hole in the regulatory apparatus. Costs, revenue, profit, and other financial metrics may be sufficient to understand a business based on tangible inputs and outputs, but are not fit to purpose for information businesses whose assets and activities are largely intangible and whose market power is exercised through delivery of services that are free to consumers (Mazzucato, Strauss, et al. 2023).

Der Blick der Regulierung muss hier stattdessen auf die Beeinflussung des Matchings zwischen Suche und Ergebnis schauen, ein plausibles Maß für die Manipulation der Aufmerksamkeit im Eigeninteresse der Plattform:

We make the assumption that if, as the platforms have both promised and demonstrated, their algorithms aim to make the best possible attention allocations, the deviation between organic and paid results provides evidence of rents and harms.

Damit eine Regulierung auf der Grundlage dieser Perspektive erfolgreich sein kann, muss sie möglichst genau auf die tatsächlichen Maßzahlen schauen können, die die Plattformen im Betrieb verwenden. Sonst besteht – mal wieder – die Gefahr, dass Regulierung unterlaufen wird:

Ideally, regulators, working with cooperative industry players, would define reportable metrics based on those that are actually used by the platforms themselves to manage search, social media, e-commerce, and other algorithmic relevancy and recommendation engines.

Die Autor*innen nennen auch einige Indikatoren, die diese Anforderungen erfüllen könnten:

  1. Der Vergleich des organischen Rankings eines Produkts mit dessen bezahlten Rankings,
  2. der inhaltliche Mehrwert von bezahlten Anzeigen im Gegensatz zu organischen,
  3. der Vergleich der Qualität der organischen Ergebnisse einer monopolistischen Plattform mit der kleinerer Plattformen, die in einem echten Wettbewerb bestehen müssen,
  4. die Frage, ob alle Informationen sichtbar sind, die für Kund*innen in diesem Zusammenhang nachvollziehbarerweise zu erwarten wären,
  5. die Frage, ob Werbung das Maß übersteigt, dass für einen branchenangemessenen Return on Investment zu erwarten sind.