KI weist auf problematische gesellschaftliche Strukturen hin

Ich habe schon länger den Ver­dacht, dass jede Diskus­sion über den sin­nvollen Ein­satz von KI let­ztlich eine Diskus­sion über die Schwächen unser­er neolib­er­al-kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft­sor­d­nung ist. Im Kern ver­schärft KI in meinen Augen da in erster Lin­ie die Wider­sprüche, die wir im Kap­i­tal­is­mus ohne­hin haben.

In eine ähn­liche Rich­tung zielt Lorenz Matzat, der in der Auseinan­der­set­zung mit der fun­da­men­tal­en Kri­tik gegenüber KI schreibt:

Die eigentliche Borniertheit zeigt sich dann aber darin, dass nicht mal ver­sucht wird zu ver­ste­hen, warum es für hun­derte Mil­lio­nen Men­schen offen­bar angezeigt ist, die LLM zu nutzen.

Er erwäh­nt dabei drei wirk­lich bedenkenswerte Beispiele:

Die Tech­nolo­gie erlaubt Men­schen Teil­habe, die zuvor an den von Bil­dungs­bürg­ern errichteten Insti­tu­tio­nen und deren Rit­ualen scheit­erte. Jet­zt kön­nen sie kosten­frei für sich kor­rekt schreiben und for­mulieren lassen. Das unter­wan­dert die Exk­lu­sion­slogik der bil­dungs­bürg­er­lichen Klasse.

Stimmt zu einem gewis­sen Maß. Das ver­ständliche Schreiben ist aber auch ein zen­traler Aspekt des inhaltlichen Lern­prozess­es und der Entwick­lung pro­fes­sioneller Kom­pe­ten­zen. Diese werde als solche jedoch zu oft voraus­ge­set­zt und nicht sys­tem­a­tisch ver­mit­telt. (vgl. Schreiben kann uns ver­wan­deln – aber nur ohne KI und Ide­al der Bil­dung war schon vor Chat­G­PT kaputt)

Nicht jede:r wächst behütet und intellek­tuell stim­ulierend auf. Für so manche sind die LLM eine Befreiung und Inspi­ra­tion: Sie erleben vielle­icht das erste Mal ein Gegenüber, das zuge­wandt, fre­undlich, hil­fs­bere­it und geduldig agiert. Eins, das sie nicht “judged” und ver­ständlich den Zugang zu einem bre­it­en Wis­senss­chatz ermöglicht.

Hier fehlen ein­fach gesellschaftliche Struk­turen, die diese Auf­gabe „mit Men­schen“ übernehmen kön­nen. Und die weni­gen Struk­turen, die es hier gibt, wer­den nach und nach zurück­ge­baut. (vgl. Men­schen entwick­eln para­soziale Beziehun­gen mit Chat­bots). Eben­so wie hier:

Ist es nicht bess­er, jemand bekommt psy­chol­o­gis­chen Rat von ein­er Mas­chine, als ein Jahr und länger auf einen Platz bei ein­er Psy­cholo­gin / einem Psy­cholo­gen zu warten?

Fediverse reactions

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