Kapitalismus im Journalismus verzerrt die öffentliche Debatte

Jour­nal­is­tis­che Medi­en ver­ste­hen sich gerne als „Kor­rek­tiv“ gegenüber den Mächti­gen in ein­er Gesellschaft. Gle­ichzeit­ig geben sie sich als objek­tive „Chro­nis­ten“ ein­er exter­nen „öffentlichen Debat­te“. Sie verken­nen dabei oft jedoch nicht nur ihre eigene Rolle, son­dern stützen auch struk­turell die ohne­hin schon Mächti­gen: diejeni­gen mit genug Kap­i­tal, um die öffentliche Debat­te in ihrem Sinne zu bee­in­flussen.

Eine zen­trale Rolle spielt dabei die unter­schiedliche Finanzsi­t­u­a­tion zwis­chen pro­gres­siv­en Medi­en und kon­ser­v­a­tiv­en oder gar recht­spop­ulis­tis­chen. Hierzu schreibt Cas­par Shaller in der taz:

Wo die Vertreter des Kap­i­tals oder kon­ser­v­a­tiv­er Kräfte zahlungskräftige Förder­er im Rück­en haben oder von Wer­bee­tats großer Konz­erne prof­i­tieren, haben Linke meist nur ihre Arbeit­skraft, die sie unter Wert in pub­lizis­tis­che Pro­jek­te steck­en.

Während linke Medi­en unter ständi­gem Refi­nanzierungs­druck ste­hen und sich dabei auch noch beson­ders hohe Stan­dards set­zen, kön­nen andere auf das ange­sam­melte Kap­i­tal divers­er Großmäzene zurück­greifen. Das ver­schafft diesen Medi­en nicht nur Pla­nungssicher­heit, son­dern auch schlicht pro­fes­sionellere Pro­duk­tions­be­din­gun­gen oder mehr Geld für Wer­bung und auf­fäl­lige Titel­bilder.

Einen weit­eren wichti­gen Aspekt in diesem Zusam­men­hang spricht Nathan Robin­son in Cur­rent Affairs an:

the Hoover Insti­tute will freely give you Richard Epstein’s infa­mous arti­cle down­play­ing the threat of coro­n­avirus, but Isaac Chotiner’s inter­view demol­ish­ing Epstein requires a month­ly sub­scrip­tion, mean­ing that the lie is more acces­si­ble than its refu­ta­tion

Auch wenn wir uns hier nicht ganz an der Gren­ze zwis­chen pro­gres­siv und kon­ser­v­a­tiv bewe­gen, so zumin­d­est in ihrer Nähe: guter Jour­nal­is­mus kostet Leser*innen Geld, schlecht­en oder gar bewusst irreführen­den hinge­gen gibt es kosten­los und im Über­fluss.

Alle beschriebe­nen Prozesse führen zu einem sys­tem­a­tis­chen Ungle­ichgewicht in der öffentlichen Debat­te. Pro­gres­sive Medi­en erre­ichen nur die Men­schen, denen sie ohne­hin schon sym­pa­thisch sind. Sie wer­den mehr als abgeschlossene Nis­che wahrgenom­men, als als echte „Öffentlichkeit“:

We can’t afford to keep our reach to those who like us so much that they are will­ing to pay mon­ey to lis­ten, because then the free bull­shit wins. It’s hard for small media insti­tu­tions to fig­ure out the right bal­ance of depend­ing on ads, pay­walls, and dona­tions. The mon­ey has to come from some­where, after

Eine mögliche Lösung böte hier der öffentlich-rechtliche Rund­funk, der in Deutsch­land glück­licher­weise immer noch sehr gut aus­ge­baut ist. Dort find­en sich neben (meist) zutr­e­f­fend­en Infor­ma­tio­nen auch gute Reporta­gen und wichtige Recherchen – gle­ichzeit­ig aber lei­der auch unsägliche Talk­shows und nicht zu recht­fer­ti­gende Som­mer­in­ter­views. Ich kann hier aber zumin­d­est zu einem gewis­sen Maße nachvol­lziehen, dass man sich nicht zu sehr mit ein­er konkreten poli­tis­chen Strö­mung gemein machen möchte – auch wenn der Both-Sides­im hier auch manch­mal zu weit geht.

Wie kön­nte also eine Lösung ausse­hen, die den sys­tem­a­tis­chen Nachteil pro­gres­siv­er Medi­en zumin­d­est teil­weise aus­gle­icht?

Quellen

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