Herzlich Willkommen in meinem Denkraum! Hier gibt es Lesenotizen zu meiner Lektüre und Blogposts zu den Themen, die mich interessieren. Du kannst alle Beiträge per RSS abonnieren und mir bei Mastodon oder Bluesky folgen. Lies mehr zu mir oder besuche mich auch unter nilsmueller.info

Intellektuelles Wissen folgt der Arbeit, es geht ihr nicht voraus

Heutzutage trennen wir relativ klar zwischen „Wissensarbeit“ und „physischer“ Arbeit. Spätestens mit den Managementideen Frederick Taylors ist diese Unterscheidung fest etabliert. Bei genauem Hinsehen lässt sie sich jedoch kaum aufrechterhalten: Jede physische Arbeit enthält immer auch einen gewissen Anteil an Wissen – nicht nur ein verklärtes „ursprüngliches“ Kunsthandwerk, sondern auch Landwirtschaft oder die Produktion von Alltagsgütern.

Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, haben Roberts und Schaffer den Begriff der mindful hand formuliert, über den Matteo Pasquinelli in seinem Buch The Eye of the Master schreibt:

Roberts and Schaffer, for their part, have proposed the elegant image of the ‘mindful hand’ as a way to recognize and recompose the ingenuity of manual labour, mechanical experiments, and scientific workshops throughout modernity, without romanticising craftsmanship as conservative discourse so often does. 30 Rather than cultivating the provincial ‘heroism’ of craftsmen in a reactionary way, the image of the ‘mindful hand’ stresses the convivial dimension of experimental life and its inventions.

Es geht hierbei also nicht um die Erschaffung großer Kunst und handwerklicher Meisterstücke, sondern um das routinierte alltägliche Handeln, das meist auch nicht in sozialer Isolation stattfindet. Es ist stattdessen eingebettet in ein komplexes Geflecht aus Interaktionen. Besonders hebt … dabei die unzähligen Entscheidungen hervor, in denen sich etabliertes Wissen in der vorgeblich rein physischen Arbeite zeigt:

He called information precisely all the innovative ‘micro- decisions’ that workers take along the production process, that give form to the product, but also regulate the machinic apparatus itself: (Pos. 2003)

Auf diese Weise entsteht eine neue Theorie der Arbeit, die nicht die bewusste intellektuelle Planung und das entsprechende Wissen hervorhebt, sondern gerade die unbewusste Kompetenz und das routinierte Handeln betont:

Rather than a knowledge theory of labour that grants primacy to conscious activity, like the one in Thompson and Hodgskin, Marx maintains a labour theory of knowledge that recognises the cognitive import of forms of labour that are social, distributed, spontaneous, and unconscious.

An dieser Stelle zeigt sich dann auch eine enge Verbindung zu der Idee der „dicken Regeln“, über die Lorraine Daston schreibt und die eben genau diese Verbindung zwischen den unzähligen fast schon automatischen Entscheidungen und ihrer Abstraktion darstellen.

Quellen