Forschung tierischer Kognition als Reaktion auf Behaviorismus

Das Ver­hal­ten und die Intel­li­genz von Tieren wer­den seit dem 19. Jahrhun­dert sys­tem­a­tisch unter­sucht – insb. im Anschluss an die Forschun­gen Charles Dar­wins. Dessen wis­senschaftlich­er Blick auf die Tiere und den Men­schen erlaubte ihm eine dif­feren­zierte und fundierte Auseinan­der­set­zung mit deren Ähn­lichkeit­en und Unter­schieden. Sein Pro­tegé und auch Nach­fol­ger George Romanes nahm es mit der wis­senschaftlichen Gründlichkeit und Dif­feren­zierung hinge­gen weniger genau und so war bei den zahlre­ichen Geschicht­en über die ange­bliche Intel­li­genz von Tieren Wahrheit bald kaum mehr von Erfind­ung zu unter­schei­den.

Eine wichtige Gegen­be­we­gung gegen diesen ver­men­schlichen­den Blick auf Tiere ent­stand daraufhin mit dem Behav­ior­is­mus, der bis heute in erster Lin­ie mit dem Namen B.F. Skin­ner ver­bun­den ist. Im Mit­telpunkt des Behav­ior­is­mus stand ein Bild der Tiere als Maschi­nen, die auf einen definierten Aus­lös­er hin ein bes­timmtes Ver­hal­ten zeigen. Dabei stand die Idee der Kon­di­tion­ierung im Mit­telpunkt der Forschung, bei der ein pos­i­tiv­er oder neg­a­tiv­er Reiz mit einem Ver­hal­ten verknüpft wird, um dieses zu motivieren oder eben zu ver­hin­dern.

Frans de Waal schreibt in seinem Buch Are We Smart Enough to Know How Smart Ani­mals Are dazu:

Its focus on noth­ing but behav­ior is what gave behav­ior­ism its name, but I had trou­ble with the idea that ani­mal behav­ior could be reduced to a his­to­ry of incen­tives. It pre­sent­ed ani­mals as pas­sive, where­as I view them as seek­ing, want­i­ng, and striv­ing.

Dabei betont er ins­beson­dere, dass die behav­ior­is­tis­che Forschung den Leben­szusam­men­hang der Tiere, ihr üblich­es Umfeld und ihr arten­typ­is­ches Ver­hal­ten vol­lkom­men außer Acht lässt:

Behav­ior­ists total­ly over­looked these nat­ur­al pro­cliv­i­ties, for­get­ting that by flap­ping their wings, dig­ging holes, manip­u­lat­ing sticks, gnaw­ing wood, climb­ing trees, and so on, every species sets up its own learn­ing oppor­tu­ni­ties.

Er zeigt an zahlre­ichen Beispie­len, dass gescheit­erte Kon­di­tion­ierung nicht auf fehlende „Intel­li­genz“ zurück­zuführen ist, son­dern daran, dass die Tests nicht an die spez­i­fis­chen Beson­der­heit­en ein­er Spezies angepasst waren. Beson­ders stark kri­tisiert er die Vorge­hensweise, dass Tiere in erster Lin­ie über den Hunger kon­di­tion­iert wer­den soll­ten. Für Skin­ner war Hunger eine starke Moti­va­tion, die Tieren den nöti­gen Druck machen würde, alles zu ler­nen, was in ihren intellek­tuellen Möglichkeit­en liegt. Für de Waal war er hinge­gen eine gän­zlich ungün­stige Voraus­set­zung, die zahlre­ichen Fehlschlüssen zugrunde lag:

Behav­ior­ists sought to dic­tate behav­ior by plac­ing ani­mals in bar­ren envi­ron­ments in which they could do lit­tle else than what the exper­i­menter want­ed. If they didn’t, their behav­ior was clas­si­fied as “mis­be­hav­ior.” Rac­coons, for exam­ple, are almost impos­si­ble to train to drop coins into a box, because they pre­fer to hold on to them and fran­ti­cal­ly rub them together—a per­fect­ly nor­mal for­ag­ing behav­ior for this species. Skin­ner had no eye for such nat­ur­al pro­cliv­i­ties, how­ev­er, and pre­ferred a lan­guage of con­trol and dom­i­na­tion. He spoke of behav­ioral engi­neer­ing and manip­u­la­tion, and not just in rela­tion to ani­mals.

Die Grün­derväter der Etholo­gie hinge­gen nah­men einen anderen Blick auf Tiere ein und sahen Ver­hal­ten nicht in erster Lin­ie als beliebig trainier­bar, son­dern in erster Lin­ie als Eigen­schaft ein­er Spezies an sich, die sich im Rah­men der Evo­lu­tion entwick­elt hat und spez­i­fisch an deren Leben­sum­stände angepasst ist. So schreibt de Waal beispiel­sweise über Kon­rad Lorenz:

Inso­far as behav­ior pat­terns are innate, Lorenz argued, they must be sub­ject to the same rules of nat­ur­al selec­tion as phys­i­cal traits and be trace­able from species to species across the phy­lo­ge­net­ic tree. This is as true for the mouth brood­ing of cer­tain fish as it is for pri­mate facial expres­sions. Giv­en that the facial mus­cu­la­ture of humans and chim­panzees is near­ly iden­ti­cal, the laugh­ing, grin­ning, and pout­ing of both species like­ly goes back to a com­mon ances­tor.

Während Kon­rad Lorenz über seine eigene Arbeitsweise sagte, „there is mad­ness in my method“ gilt Niko­laas Tin­ber­gen als sys­tem­a­tis­ch­er Methodik­er, der auf der Arbeit von Lorenz auf­bauend Begriffe präzisierte und Möglichkeit­en entwick­elte, konkrete Hypothe­sen zu testen. Beson­ders ein­flussre­ich sind seine „vier Fra­gen“, in denen er eine sta­tis­che und dynamis­che Per­spek­tive unter­schei­det und gle­ichzeit­ig eine indi­vidu­elle und eine evo­lu­tionäre.

Quellen

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