Vom Leben in der Flatrate und der persönlichen Medieninfrastruktur

Wer vor eini­gen Jahren ein Buch lesen, ein Musik­stück hören oder einen Film schauen wollte, hat­te nur eine Möglichkeit: in einen entsprechen­den Laden gehen und dort das gewün­schte Buch, Album oder die DVD kaufen, es/sie nach Hause tra­gen und dort kon­sum­ieren. Mit dem Inter­net wurde erst das Einkaufen ein­fach­er, da man hierzu nicht mehr das Haus ver­lassen musste, und schließlich kon­nten die gewün­scht­en Medi­en sog­ar ohne Zeitverzögerung per Down­load erwor­ben wer­den.

Vom Eigentum über die Lizenz zur Flatrate

Seit einiger Zeit ist im Medi­enkon­sum jedoch ein noch grundle­gen­der­er Wan­del zu beobacht­en: vom Besitz von bes­timmten Medi­engütern hin zum Zugang zu ein­er möglichst bre­it­en Auswahl an solchen Ange­boten. Befördert wurde diese Entwick­lung dadurch, dass wir mit­tler­weile daran gewöh­nt wur­den, dass wir auch gekaufte Medi­en nicht beliebig auf all unseren Geräten nutzen kön­nen: Ein bei iTunes gekaufter Film kann auch nur über iTunes angeschaut und ein Kin­dle-eBook nur inner­halb des Ama­zon-Uni­ver­sums gele­sen wer­den. Auch rechtlich erwer­ben wir in den meis­ten Fällen kein Eigen­tum an einem eBook oder einem dig­i­tal­en Film, son­dern eine eingeschränk­te Lizenz zur Nutzung.

Wenn ich also selb­st bei zum Voll­preis gekaufen dig­i­tal­en Medi­en auf bes­timmte Nutzungs­for­men beschränkt bleibe, ist der Sprung zu einem Ange­bot, das mir nach Art ein­er Fla­trate Zugriff auf einen Kat­a­log an Medi­en bietet nicht mehr weit. Zumal, wenn diese App für alle rel­e­van­ten Endgeräte ver­füg­bar ist. So gibt es mit­tler­weile unter­schiedliche Fla­trates für Serien, Filme, Musik, eBooks, Hör­büch­er, Zeitschriften und Comics.

Das Leben in der Flatrate

Auch meine eigene Medi­en­nutzung hat sich in den let­zten Jahren entsprechend verän­dert: Anstatt DVD-Box­en zu kaufen, nutze ich mit­tler­weile ein Streamin­gange­bot für Serien. Filme kom­men immer öfter über eine Online-Videothek auf den Bild­schirm, Hör­büch­er bekomme ich im Abo über Audi­ble, Musik höre ich meist über Spo­ti­fy, eBooks zum Teil über Skoobe, die Kin­dle Lend­ing Library oder als Kurz­fas­sung via Blinkist, englis­chsprachige Zeitschriften per Read­ly und Comics über Mar­vel Unlim­it­ed. Aus der bre­it­en Auswahl an Medi­en­for­men sind es eigentlich nur noch eBooks, die ich tat­säch­lich mehr oder weniger regelmäßig tat­säch­lich noch kaufe.

Aber nicht nur die Form des Kon­sums, son­dern auch die Inhalte, die ich kon­sum­iere haben sich gewan­delt: Außer bei Din­gen, die ich unbe­d­ingt haben möchte, ist mit­tler­weile die Ver­füg­barkeit inner­halb ein­er mein­er Fla­trates mitentschei­dend dafür, ob ich einen Inhalt kon­sum­iere: „Die Serie gibt es nicht bei Net­flix? Dann schaue ich halt eine andere.“, „Das Buch ist nicht bei Skoobe? Da gibt es genug Anderes.“ oder „Das Album ist nicht bei Spo­ti­fy? Dann schaue ich mal, was es son­st noch so gibt.“ Und mit diesem Ver­hal­ten bin ich nicht alleine.

Die persönliche Medieninfrastruktur

Mit­tler­weile erscheinen jede Woche so viele neue Medi­en, dass das Ange­bot abso­lut unüber­schaubar gewor­den ist. Da macht es mir nichts, dass Skoobe „nur“ gut 50.000 Büch­er anbi­etet, denn ich lese ohne­hin max­i­mal fünf oder sechs jeden Monat und finde eigentlich jede Woche alleine in den Neuer­schei­n­un­gen min­destens eines, das ich ohne­hin lesen wollte. Wenn dann der let­zte Fol­lett oder der neue Grisham nicht dabei sein sollte, stört mich das wenig.

Der­selbe Mech­a­nis­mus greift bei Serien, Musik, Hör­büch­ern und anderen Medi­en: Das all­ge­meine Ange­bot ist mit­tler­weile so groß, dass selb­st ein klein­er Auss­chnitt daraus mir immer noch genug Auswahl bietet. Und wenn ich dann tat­säch­lich eine spezielle Sache, die ich unbe­d­ingt möchte, nicht finde, dann kann ich sie mir ja immer noch indi­vidu­ell lizen­sieren (ich schreibe bei dig­i­tal­en Medi­en ungern „kaufen“).

So kann sich jed­er seine per­sön­liche Medi­en­in­fra­struk­tur schaf­fen, in der sich sein dig­i­taler Medi­enkon­sum abspielt. Ein Set von Apps und Plat­tfor­men für die im Monat ein fes­ter Beitrag gezahlt wird und die den Grundbe­darf abdeck­en und für aus­re­ichend Abwech­slung sor­gen. Außer­halb dieser Infra­struk­tur find­et Medi­enkon­sum nur dann statt, wenn es spez­i­fis­che Gründe hier­für gibt.

Für Medi­en­schaf­fende und ‑verkaufende bedeutet dies eine zen­trale Her­aus­forderung, da es nicht mehr nur darum geht, mich dazu zu brin­gen, ein bes­timmtes Buch oder eine bes­timmte CD kon­sum­ieren zu wollen. Sie müssen auch dafür sor­gen, dass ich in mein­er per­sön­lichen Medi­en­in­fra­struk­tur Zugang dazu bekomme. Eine indi­vidu­elle Lizenz oder ein Kauf ist dabei die let­zte Option, für die ich von dem Pro­dukt schon sehr überzeugt sein muss.

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