Die Plagiatsdebatte hat der Vermittlung wissenschaftlichen Arbeitens einen Bärendienst erwiesen

Vor ein paar Jahren waren Tech­niken wis­senschaftlichen Arbeit­ens in aller Munde: Promi­nente Poli­tik­er wie Karl-Theodor zu Gut­ten­berg und Annette Scha­van waren erwis­cht wor­den, wie sie in ihren Dok­torar­beit­en nicht aus­re­ichend sauber gear­beit­et hat­ten. Mit gravieren­den Kon­se­quen­zen: sie ver­loren nicht nur öffentlich­es Anse­hen son­dern auch Titel und Ämter.

Die Debat­te fiel in die Zeit, in der an den Uni­ver­sitäten die im Inter­net zahlre­ich und frei ver­füg­baren Texte zum Prob­lem wur­den, die immer häu­figer in den Arbeit­en der Studieren­den auf­taucht­en und teil­weise gar nicht als Quellen angegeben waren. Damals keimte die Hoff­nung, dass die bre­ite öffentliche Debat­te dieses Prob­lem lösen würde.

Doch die Pla­giats­de­bat­te hat das Prob­lem keines­falls gelöst und sie hat auch die Stud­is nicht in angemessen­er Weise sen­si­bil­isiert. Stattdessen merke ich nach zwei Monat­en in der Schreib­ber­atung, dass sie ein hohes Maß an Unsicher­heit erzeugt hat: Studierende sind fix­iert auf die for­male Kor­rek­theit ihrer Quel­lenangaben – ver­stärkt durch die wieder­holte Beto­nung ihrer Bedeu­tung durch die Lehren­den. Sie sind sich nicht bewusst, dass wis­senschaftlich­es Schreiben sich nicht in erster Lin­ie durch Quel­lenangaben ausze­ich­net, son­dern durch eine beson­dere Form der Argu­men­ta­tion.

So wird das wis­senschaftliche Arbeit­en mas­siv verkürzt und auf einen kleinen for­malen Aspekt reduziert. Damit wer­den die eigentlichen Prob­leme überdeckt: Es geht in den meis­ten Fällen nicht darum, dass Studierende for­mal falsch zitieren, also den falschen Zita­tion­sstil ver­wen­den oder ein Kom­ma set­zen, wo ein Punkt ste­hen sollte. Es geht vielmehr darum, dass es ihnen schw­er fällt, sich über­haupt in angemessen­er Weise mit den Tex­ten ander­er Autoren zu befassen, Argu­mente in Beziehung zu set­zen und eine eigene Posi­tion zu entwick­eln.

An den Hochschulen müssen die falschen Vorstel­lun­gen jet­zt müh­sam kor­rigiert wer­den, bevor über­haupt ein Bewusst­sein für das eigentliche Prob­lem geschaf­fen wer­den kann. Daher wün­sche ich mir, dass wir das Rad zurück­drehen und wieder zu einem entspan­nteren Umgang mit den For­malien kom­men, um so den Weg frei zu machen, uns angemessen mit dem wis­senschaftlichen Arbeit­en auseinan­der­set­zen zu kön­nen.

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