Glauben an die Moderne im Bauhaus und im Nationalsozialismus

Ein paar Jahre lang war ich regelmäßig in Weimar und jedes Mal auch ein paar Stunden im dortigen – mittlerweile umgezogenen – Bauhaus-Museum. Die Ausstellung und der hervorragende Audioguide vermittelten mir eine tiefe Faszination mit der Kombination aus künstlerischer Freiheit und handwerklicher Strenge, die gleichzeitig sehr pragmatisch auf die Nützlichkeit der gestalteten Objekte ausgerichtet war.

Den künstlerischen Blick verlor das Bauhaus nach seinem Umzug nach Dessau und dem Abgang von Direktor Walter Gropius jedoch immer mehr und fokussierte sich schließlich nur noch auf die reine Funktion. Damit war auch ein optimistischer Blick auf Fortschritt und Technologie verbunden, die komplett in den Dienst des Menschen gestellt wurde.

Damit war der Weg jedoch auch leider nicht weit zu der nationalsozialistischen Perspektive: Auch hier ging es um die Funktion, die Dienstbarmachung, nur halt nicht (mehr) in einem humanistischen Sinne, sondern in einem nationalistisch-rassistischen. So schreiben Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer in ihrem Buch „Gefangen in der Titotalitätsmaschine: Der Bauhäusler Franz Ehrlich“ von der „Kombination von brutaler Perfidie und zweckrationalem Pragmatismus“, wobei insbesondere letzter auch im Zentrum des Dessauer Bauhauses stand.

Als Beispiel skizzieren die Autoren den konkreten Plan des Konzentrationslagers Buchenwald als „nationalsozialistische Idealstadt“ und

Prototypen des faschistischen Moderneentwurfs und erste Verwirklichung der nationalsozialistischen Vorstellung von Fortschritt: (zweck)rational geplant, ökonomisch produktiv und rassistisch fundiert.

So zeigen von Borries und Fischer am Beispiel des Bauhaus-Schülers Franz Ehrlich auf, wie die Grundideen des Bauhaus Eingang in die nationalsozialistische Architektur fanden – und auch in die Konzentrationslager. Da waren das Element der durch und durch rational geplanten Stadt und die Idee einer zweckrationalen Gestaltung, die unter anderem auf das Bauhaus zurückgehen.

Besonders deutlich wird diese Spannung in dem berühmten Schriftzug „Jedem das Seine“ über dem Tor des KZ Buchenwald, der von dem dort inhaftierten Ehrlich gestaltet worden war und eine dem Bauhaus stilistisch verwandte Schrift verwendet. Von Ehrlich könnte diese Gestaltung als stiller Protest gemeint gewesen sein, die Nazis haben ihn aber vermutlich nicht als solchen verstanden. Denn auch blickten – wie das Bauhaus – auf eine Moderne, in der die Technologie dem Menschen unendliche Möglichkeiten eröffnet. Nur eben nicht allen Menschen …

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