Aufklärung löst Trennung zwischen Mensch und Natur nicht auf

Im Gegensatz zur gängigen Interpretation führte die Aufklärung nicht zu einer Ablösung religiöser Ideale und Weltvorstellungen. Sie nahm lediglich das etablierte christliche Weltbild und änderte das rechtfertigende Narrativ. Es blieb bei der scharfen Trennung zwischen „Mensch“ und „Natur“, nur dass das entscheidende Kriterium nicht länger die Seele war, sondern die Vernunft. Auch der Konflikt zwischen diesen beiden Ebenen und der „Auftrag“ an den Menschen – bzw. „die Vernunft“ – die natürlichen Triebe im Zaum zu halten blieb erhalten. So schreibt Phillip Blom in seinem Buch Unterwerfung:

Die Vernunft wurde zwar dem Glauben und besonders dem Aberglauben entgegengesetzt, ähnelte aber selbst einem zentralen theologischen Konzept wie ein Ei dem anderen. Die Vernunft war für Aufklärer wie Kant der edle, immaterielle Teil des Menschen, die es zu emanzipieren und der es zu folgen galt, um irrationale körperliche Lüste und Bedürfnisse in Individuen und ganzen Gesellschaften zu kontrollieren und zu überwinden.

Damit legte Aufklärung gleichzeitig die Grundlage für das Narrativ des Fortschritts als Heilgeschichte, mit dem wir heute besonders zu kämpfen haben, wenn es um die notwendigen Anpassungen unseres Lebensstils geht.