Dicke Regeln verbinden Abstraktion und Konkretes

Während dünne Regeln eine sta­bile Welt benöti­gen, boten „dicke“ Regeln auch in insta­bilen Wel­ten Ver­lässlichkeit und erlaubten ein gewiss­es Maß an Kon­trolle. Sie reduzierten kom­plexe Sit­u­a­tio­nen nicht auf eine einzelne Formel oder einen monokausalen Zusam­men­hang, son­dern umfassten ein bre­ites Spek­trum an Inter­pre­ta­tion­shil­fen und Entschei­dung­sun­ter­stützung.

So schreibt Lor­raine Das­ton in ihrem Buch Rules:

The world of ear­ly mod­ern prac­ti­tion­ers was too unsta­ble and too fine- grained for such thin rules. Only thick rules, cocooned in lay­ers of par­tic­u­lars that illus­trat­ed or qual­i­fied or exem­pli­fied, could cope with the rus­es of Dame For­tune

Beson­ders wichtig war es dabei, sowohl abstrak­te als auch konkrete Aspek­te der Sit­u­a­tion einzubeziehen. Bei­des nimmt hier aber eine etwas andere Form an, als wir es heute gewohnt sind: Es ist eben nicht eine abstrak­te Regel los­gelöst vom konkreten Men­schen, der diese ein­fach anwen­det, son­dern fungiert als Unter­stützung für erfahrene Praktiker*innen in ein­er konkreten Sit­u­a­tion:

Thick rules blend­ed the tac­it and explic­it: they assumed some hands- on expe­ri­ence but also the insuf­fi­cien­cy of expe­ri­ence alone to pro­duce the finest results.

Ohne es expliz­it zu machen, zieht Das­ton hier eine par­al­lele zu ihrem Buch Objek­tiv­ität, in dem sie aufzeigt, wie mod­erne wis­senschaftliche Visu­al­isierun­gen nicht mehr für sich ste­hen und wirken, son­dern auf der Seite der Betra­ch­t­en­den Fach­wis­sen voraus­set­zen – man muss eben ler­nen, diese Bilder zu lesen.

So entste­ht bei dick­en Regeln im Grunde das, was auch als embod­ied cog­ni­tion beschrieben wird: Eine enge Verbindung von men­schlichem Denken und Han­deln mit den Werkzeu­gen, die in diesem Prozess genutzt wer­den. Nur, dass diese Werkzeuge jet­zt eben keine Geräte sind, son­dern Regeln, Muster und Analo­gien; oder wie Das­ton schreibt: „mid-lev­el gen­er­al­iza­tions that sharp­ened the eye of the prac­ti­tion­er for pat­terns and analo­gies“

Quellen

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