Laterpay, Gutjahr und das Potenzial des Micropayments

Vor eini­gen Monat­en hat­te ich an dieser Stelle einen ver­hal­tensökonomis­chen Blick auf das neue Bezahlsys­tem des Münch­en­er Star­tups Lat­er­pay gewor­fen und dabei eine grund­sät­zlich opti­mistis­che Schlussfol­gerung gezo­gen:

Wel­che Schluss­fol­ge­run­gen las­sen sich aus die­sen Über­le­gun­gen im Hin­blick auf Later­pay und die zugrunde lie­gen­den Ideen des Micro­pay­ments zie­hen: Neben den tech­ni­schen Fra­gen nach der Umsetz­bar­keit und den betriebs­wirt­schaft­li­chen nach der Ren­ta­bi­li­tät und dem zu erzie­len­den Umsatz stel­len sich auch psy­chol­o­gisch-ver­hal­tensökonomis­che Fra­gen. […] Nur wenn ein Start­up zu den Pro­ble­men auf allen drei Ebe­nen eine ange­mes­sene Lösung fin­det, hat es die Mög­lich­keit lang­fris­tig erfolg­reich zu sein und der Idee zum Durch­bruch zu ver­hel­fen. In mei­nen Augen ist Later­pay dabei auf einem guten Weg.

Vielversprechende erste Zahlen

Jet­zt stellt Richard Gut­jahr als Ref­eren­znutzer des Sys­tems sein Faz­it der ersten sechs Monate mit Lat­er­pay vor und kommt dabei eben­falls zu einem pos­i­tiv­en Schluss:

Trotz tech­nis­ch­er Anlauf­schwierigkeit­en kann ich heute voller Überzeu­gung sagen: Ja. Mit Micro­pay­ment lässt sich dur­chaus Geld ver­di­enen. Die Besuch­er mein­er Seit­en haben offen­bar kein Prob­lem damit zu bezahlen, wenn man es ihnen ein­fach macht. Selb­st an eher belan­glosen Tex­ten habe ich im Schnitt rund 30 Euro ver­di­ent.

Die Zahlen, die er präsen­tiert, stützen diese Schlussfol­gerung jedoch nur bed­ingt: So hält er fest, dass er mit ins­ge­samt 12 Artikeln einen Umsatz von 1.200 Euro gener­ieren kon­nte – immer­hin knapp 100€ pro Artikel. Kein schlecht­es Resul­tat möchte man meinen, aber die Verteilung dieses Umsatzes auf die unter­schiedlichen Artikel dämpft diese Euphorie schnell wieder. So hat alleine seine Berichter­stat­tung zur Vorstel­lung der neuen Apple-Pro­duk­te im Sep­tem­ber einen Umsatz von 834 Euro erzeugt, gefol­gt von einem Artikel über seinen Arbeit­sall­t­ag (124 Euro) und dem Besuch des NSA-Daten­cen­ters in Utah (95 Euro). Die restlichen neun Artikel kom­men ins­ge­samt demzu­folge auf knapp 150 Euro, also 17 Euro pro Artikel. Das ist bess­er als nichts, aber sicher­lich auch noch kein sta­biles Fun­da­ment.

Zahlungsbereitschaft vom Inhalt abhängig

An diesen Zahlen lässt sich wiederum sehr gut erken­nen, für welche Inhalte im Netz eine gewisse Zahlungs­bere­itschaft beste­ht: Apple-Events, aufwändig recher­chierte und pro­duzierte Reporta­gen sowie Artikel über das Geld­ver­di­enen im Netz. Das Prob­lem ist jedoch, dass kein­er der drei Bere­iche für sich skaliert und dass Gut­jahr in hohem Maße davon lebt, als erster diese The­men kon­se­quent zu mon­e­tarisieren – ohne sich dabei vol­lkom­men von der „freien“ Blo­gosphäre abzuwen­den: Dies ver­schafft ihm eine hohe Aufmerk­samkeit und entsprechende Reich­weite im Netz und gle­ichzeit­ig ein gewiss­es Monopol auf seine Inhalte. Wenn es selb­st unter diesen Umstän­den nicht gelingt, aus einem sel­te­nen großen Event wie der Apple-Präsen­ta­tion bei ein­er großen, zahlungskräfti­gen und ‑willi­gen Ziel­gruppe höhere Umsätze zu erzeu­gen, spricht dies für einen Markt, der noch viel Wach­s­tum vor sich hat, bevor er für Einzelne ern­sthaft Sub­sis­tenz-sich­ernd wird. Noch deut­lich­er wird dies bei der aufwändi­gen Utah-Reportage, bei der die gener­ierten Umsätze ver­mut­lich ger­ade ein­mal eine einzelne Nacht im Hotel refi­nanzieren kon­nten.

Potenzial im Long Tail?

An Gut­jahrs Zahlen zeigt sich jedoch auch, dass der Long Tail, also Artikel ohne aktuellen Bezug, die über län­gere Zeit hin­weg Nutzen liefern, eine solide Grund­ba­sis an Ein­nah­men schaf­fen kann, ohne dass hier­für kon­tinuier­liche Arbeit an diesen Artikeln notwendig ist. Das kön­nte Micro­pay­ment in dieser Form auch für andere Bere­iche als Nachricht­en oder aktuelle The­men inter­es­sant machen, beispiel­sweise die aktuell aus dem Boden sprießen­den Online-Mag­a­zine mit Kurzgeschicht­en wie Uncan­ny, Clarkesworld oder das deutsche Exo­dus. Einen ersten Ver­such untern­immt hier Psychothriller.Club.

Auch wenn Gut­jahrs erste sechs Monate mit Lat­er­pay darauf hin­deuten, dass Micro­pay­ment im Jour­nal­is­mus tat­säch­lich eine mögliche Ein­nah­me­quelle wer­den kön­nte, haben sie eben­so gezeigt, was Gut­jahr in seinem Artikel Arbeit to go – mit Platz für mich selb­st for­muliert:

Wir sind die Zwis­chen­drin-Gen­er­a­tion. Die alten Geschäftsmod­elle funk­tion­ieren nicht mehr – die neuen noch nicht.

Quellen

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