Geschichte steht im politischen Interesse

In der Geschichtwissenschaft ist es fast schon eine Bin­sen­weisheit, in der all­ge­meinen Wahrnehmung der Geschichte wird es aber nicht immer angemessen berück­sichtigt: Es gibt nicht die eine wahre Geschichte, son­dern immer nur den Blick zurück von einem gewis­sen Stand­punkt aus und auf der Grund­lage vorhan­den­er Quellen.

Ein schönes Beispiel hier­für liefert J. Drap­er auf ihrem ohne­hin sehr sehenswerten Kanal. Sie erzählt die Geschichte ein­er „Volk­sheldin“ der Briten, Boudi­ca, wie sie jedes britis­che Kind bere­its in der Grund­schule zu hören bekommt. Im Anschluss schildert sie jedoch, dass es für diese konkrete Geschichte kaum his­torische Beweise gibt. Die einzi­gen bei­den Quellen, die auch nur ansatzweise aus ihrer Zeit stam­men, sind 50 oder gar 150 Jahre später ver­fasst wor­den, und zwar von römis­chen Autoren, die nie in Bri­tan­nien waren.

Gle­ichzeit­ig zeigt sich in den Unter­schieden zwis­chen den bei­den Tex­ten auch deut­lich, wie bei­de die Geschichte von Boudi­ca nutzen, um ihr eigene poli­tis­che Agen­da voranzutreiben. So wird ihr beispiel­sweise jew­eils eine andere motivierende Ansprache an ihre Trup­pen in den Mund gelegt und auch die Moti­va­tion für den Feldzug und ihr Tod unter­schei­den sich in bei­den Quellen fun­da­men­tal.

Bis heute wird ihre Geschichte in Großbri­tan­nien immer wieder genutzt, um eine his­torische Ver­bün­dete oder ein his­torisches Vor­bild für die eine oder die andere poli­tis­che Posi­tion zu kon­stru­ieren. Ger­ade bei his­torisch nur schwach belegten Fig­uren gilt also genau das, was wir heute auch lei­der immer noch im Ver­hält­nis zwis­chen Fak­ten und Poli­tik beobacht­en müssen:

„Who needs evi­dence-based pol­i­cy[his­to­ry] when you can have pol­i­cy-based evi­dence[his­to­ry]?“ (Cory Doc­torow: Big Telco’s fury over FCC plan to infuse tele­coms pol­i­cy with facts)

Quellen

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