Jungen finden kaum Vorbilder emotional vielschichtiger Männlichkeit

Ein Rück­blick auf ein gut 20 Jahre altes Com­put­er­spiel ist nicht unbe­d­ingt der Ort, an dem man tiefe Gedanken über Gen­deri­den­tität und ‑aus­druck erwarten würde. Doch der Artikel Bar­bie Horse Adven­tures Rid­ing Camp helped me nav­i­gate the dread­ed Pink Aisle von Amelia Zoll­ner hat mich genau dazu gebracht.

Die Autorin beschreibt ihr 7‑jähriges Ich als „Tomboy“, die (oder „der“?) einen großen Bogen um alles typ­isch mäd­chen­hafte machte und ins­beson­dere um die berüchtigte „pink aisle“ im Spielzeugladen:

In some ways, I was admit­ted­ly afraid of fem­i­nin­i­ty. The Pink Aisle’s dolls and kitchen sets imposed the patron­iz­ing idea that girls were frag­ile and sen­si­tive and des­tined for moth­er­hood, while boys were tough and adven­tur­ous and could play with any­thing. Com­mit­ting to girl­hood felt like sur­ren­der­ing to a life of lim­i­ta­tions.

Exem­plar­isch für dieses Bild ste­ht auf den ersten Blick natür­lich Bar­bie. Doch genau diese Bar­bie als Haupt­darstel­lerin des Spiels „Bar­bie Horse Adven­tures“ ist es dann, die der Autorin zeigt, dass selb­st der „pinke“ Aus­druck von Weib­lichkeit keineswegs die befürchtete Ein­schränkung bedeuten muss:

In Bar­bie Horse Adven­tures, though, I could do every­thing that Boy Scouts did (just with a horse) with­out being a boy. […] This Bar­bie was not at the Roberts Sta­bles to wear pink and prance around — she was there to repair walls and explore the mud­dy for­est and kick up some seri­ous dirt in com­pe­ti­tions.

Für die Autorin war diese Erken­nt­nis ein wichtiger Schritt auf dem Weg, ihre eigene Weib­lichkeit zu gestal­ten. Eben weil selb­st Bar­bie als das pinkeste, ober­fläch­lich­ste Abziehbild­chen des Klis­chees eben diese kom­plexe Ebene mit­brachte, Dinge repari­erte, durch den Matsch lief und Wet­tren­nen gewann.

Drehen wir den Blick nun mal um und blick­en auf die klas­sis­chen Vor­bilder für Jun­gen, die in der nicht nur metapho­rischen „blue aisle“ ste­hen: da sind Helden, Kämpfer und Sportler (jew­eils bewusst ohne *innen), die auch nur genau das sind: Abziehbilder klis­chee­hafter Männlichkeit – aber dies­mal ohne diese ver­steck­te kom­plexere Dimen­sion. Es gibt keine Spiele, in denen die Fig­uren strick­en, weinen oder emo­tionale Nähe zu anderen Per­so­n­en zulassen. Die Helden sind Helden und tun Helden-Dinge, die Sportler zeigen ihr Kön­nen und Kämpfer gewin­nen ihre Kämpfe. Ein­fach, eindi­men­sion­al und „männlich“ halt. Ein vielschichtiges Bild von Männlichkeit kann sich auf diese Weise sicher­lich nicht bilden.

So schreibt auch Peg­gy Oren­stein ihrem großar­ti­gen Artikel „The Mise­d­u­ca­tion of the Amer­i­can Boy (evtl. €)“:

Fem­i­nism may have pro­vid­ed girls with a pow­er­ful alter­na­tive to con­ven­tion­al fem­i­nin­i­ty, and a lan­guage with which to express the myr­i­ad prob­lems-that-have-no-name, but there have been no cred­i­ble equiv­a­lents for boys. […] Yet, from the get-go, boys are rel­e­gat­ed to an impov­er­ished emo­tion­al land­scape.

Wenn wir als Gesellschaft also ein kom­plex­eres Bild von Männlichkeit und einen weniger tox­is­chen Aus­druck entwick­eln wollen, soll­ten wir daran schnell­st­möglich etwas ändern.

Quellen

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