Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht verstehen

Als Reak­tion auf meine Über­legun­gen zu Kom­plex­ität und Kon­trol­lver­lust kam im Fedi­verse die Frage auf, ob wir Men­schen über­haupt in der Lage sind, kom­plexe Sys­teme zu ver­ste­hen. Ich tue mich schw­er, darauf defin­i­tiv zu antworten, weil wir Men­schen immer ganz gut darin waren, unsere geglaubten „natür­lichen“ Gren­zen zu über­winden. Aber selb­st wenn es möglich sein sollte, bin ich mir sich­er, dass es aktuell nicht der Fall ist.

Das Prob­lem in unserem aktuellen Umgang mit der Welt ist allerd­ings auch gar nicht, dass wir sie nicht in ihrer gesamten Kom­plex­ität ver­ste­hen. Das Prob­lem ist, dass wir zu oft davon überzeugt sind, dass wir es tun. Wir glauben zu wis­sen, welche Kon­se­quen­zen unser Han­deln hat. Wir glauben, dessen neg­a­tive Kon­se­quen­zen abschätzen und eindäm­men zu kön­nen. Wir glauben, tat­säch­lich Herr im Hause zu sein. Doch sind wir dies wirk­lich? Die Kli­makatas­tro­phe zeigt uns deut­lich die Gren­zen unser­er Kon­trolle auf und selb­st in men­schengemacht­en Kon­tex­ten wie glob­alen Liefer­ket­ten stoßen wir bei Störun­gen schnell an unsere Gren­zen.

Ja, wir ver­fü­gen über mächtige Werkzeuge und Hebel, auf die Welt um uns herum einzuwirken. Wir set­zen sie auch seit Jahrzehn­ten selb­st­be­wusst ein, sind uns ihrer Wirkun­gen aber nur in Ansätzen bewusst. Hier kön­nte man fast von einem glob­alen Dun­ning-Kruger-Effekt sprechen, bei dem wir inkom­pe­tente Men­schen und unser­er Inkom­pe­tenz nicht ein­mal bewusst sind.

Salopp gesprochen, kön­nte man uns als Men­schheit ein­fach für „dumm“ erk­lären. Und Dummheit ist die eigentliche Gefahr, denn gegen sie ist schw­er anzukom­men, wie Jon­ny Thom­son auf­bauend auf Diet­rich Bon­ho­ef­fer schreibt:

We can­not so eas­i­ly fight stu­pid­i­ty for two rea­sons. First, we are col­lec­tive­ly much more tol­er­ant of it. Unlike evil, stu­pid­i­ty is not a vice most of us take seri­ous­ly. We do not lam­bast oth­ers for igno­rance. We do not scream down peo­ple for not know­ing things. Sec­ond, the stu­pid per­son is a slip­pery oppo­nent. They will not be beat­en by debate or open to rea­son.

Genau das macht uns als Men­schheit so gefährlich für uns selb­st: unsere eigene Überzeu­gung, die Welt zu ver­ste­hen; sie kon­trol­lieren zu kön­nen. Und das ist Dummheit, die uns noch teuer zu ste­hen kom­men wird. Denn am Ende kön­nte Thom­son recht behal­ten, wenn er schreibt

More harm is done by one pow­er­ful idiot than a gang of Machi­avel­lian schemers.

Der einzige Weg aus dieser Falle ist, dass wir anfan­gen, auf der Basis von Demut zu han­deln und nicht aus Hybris.

Quellen

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