Bewusstseinsforschung hat kein verlässliches Messverfahren

Die Prob­leme der neu­rowis­senschaftlichen Erforschung des Bewusst­seins, ein par­a­dig­ma­tis­ches Fun­da­ment zu find­en, ergeben sich auch aus ein­er grund­sät­zlichen Schwierigkeit, Bewusst­seinsin­halte zuver­läs­sig und jen­seits sub­jek­tiv gefärbter Wahrnehmung zu messen. Damit fehlt ein grundle­gen­der Schritt in der etablierten wis­senschaftlichen Erken­nt­niskette.

Diese set­zt darauf, eine The­o­rie zu nutzen, um konkrete Vorher­sagen zu machen, die im Anschluss durch eine möglichst objek­tive Mes­sung über­prüft wer­den kön­nen. Je unab­hängiger dabei die zu über­prüfende The­o­rie und das ver­wen­dete Messver­fahren voneinan­der sind, desto bess­er funk­tion­iert das Ver­fahren. Die Erforschung des Bewusst­seins ste­ht nun vor dem Prob­lem, dass sie diese zwei unab­hängi­gen Ver­fahren nicht vor­weisen kann. So schreibt Erik Hoel in seinem Buch The World Behind the World: Con­scious­ness, Free Will, and the Lim­its of Sci­ence:

And in an ide­al world, we’d know what the actu­al expe­ri­ence was, and could com­pare the pre­dic­tion from pred to the actu­al expe­ri­ence just from say, someone’s brain state. But, of course, that pre­sumes an already known the­o­ry of con­scious­ness! Instead, we have to rely on the infer­ences of the exper­i­menter about the con­scious­ness being stud­ied, infer­ences nor­mal­ly based on report or behav­ior.

Keine Mes­sung, die wir über ein Bewusst­sein vornehmen, kann direkt an der Quelle anset­zen und das Bewusst­sein an sich erfassen. Sie muss sich entwed­er auf die sub­jek­tive Äußerung der Per­son ver­lassen, deren Bewusst­sein sie messen will, oder sie muss ein physis­ches Kor­re­lat des Bewusst­seins find­en, und von diesem aus­ge­hend auf den Inhalt des Bewusst­seins schließen.

Bei­de Herange­hensweisen sind grund­sät­zlich nicht zufrieden­stel­lend: Der indi­vidu­elle Bericht ist zwangsläu­fig geprägt von indi­vidu­ellen wie kul­turellen Inter­pre­ta­tion­s­möglichkeit­en sowie den Möglichkeit­en, den Inhal­ten des Bewusst­seins sprach­lichen oder ander­weit­i­gen bewussten Aus­druck zu ver­lei­hen.

Die Mes­sung über ein physis­ches Kor­re­lat kön­nte im Prinzip zwar den Anforderun­gen wis­senschaftlich­er Erken­nt­nis entsprechen, hat aber ein grundle­gen­des Prob­lem: Um ein physis­ches Kor­re­lat ver­lässlich als Indika­tor für Bewusst­seinsin­halte nutzen zu kön­nen, müsste ein enger Zusam­men­hang zwis­chen bei­den nachgewiesen wer­den. Dazu wiederum müsste es möglich sein, Bewusst­seinsin­halte unab­hängig von diesem Kor­re­lat zu messen, um die Kor­re­la­tion nachzuweisen. Es ergibt sich daraus, dass The­o­rien über das Bewusst­sein auf der Grund­lage der­sel­ben The­o­rie über das Bewusst­sein über­prüft wer­den. Ein let­ztlich tau­tol­o­gis­ches und damit unbe­friedi­gen­des Vorge­hen.

Dabei stellt Hoel grund­sät­zlich die Frage, ob der klas­sis­che The­o­rie-Empirie-Abgle­ich in der Bewusst­seins­forschung möglich ist. So schreibt er:

Mean­ing that there is, hid­den inside the argu­ment, a deep epis­temic con­tra­dic­tion. It all ends, like so many things in con­scious­ness research, in para­dox.

Quellen

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