Individualisierung stellt zu hohe Anforderungen an den Einzelnen

Mit der Indi­vid­u­al­isierung haben die Reli­gio­nen nicht nur die Deu­tung­shoheit über die Erk­lärung der Welt an die Wis­senschaften ver­loren. Sie haben auch ihre moralisch-ethis­che Verbindlichkeit an das Indi­vidu­um abtreten müssen. Damit wird dem Indi­vidu­um jedoch eine gewaltige Bürde aufer­legt: Es muss die Antwort auf seine per­sön­liche Frage nach dem guten und richti­gen Leben nun kom­plett selb­st beant­worten und damit im Grunde die kom­plette men­schliche Geis­tes­geschichte indi­vidu­ell nachvol­lziehen.

Alain de Bot­ton schreibt dazu in Reli­gion for Athe­ists sehr schön:

It is a sin­gu­lar­ly regret­table fea­ture of the mod­ern world that while some of the most triv­ial of our require­ments (for sham­poo and mois­tur­iz­ers, for exam­ple, as well as pas­ta sauce and sun­glass­es) are met by superla­tive­ly man­aged brands, our essen­tial needs are left in the dis­or­ga­nized and unpre­dictable care of lone actors.

Die Entwick­lung zeigt sich jedoch nicht nur über den Ver­lauf der Jahrhun­derte hin­weg bei der Frage nach dem großen Ganzen, son­dern in den let­zten Jahren und Jahrzehn­ten in vie­len kleinen Fragestel­lun­gen. Hier wird immer mehr Ver­ant­wor­tung und Struk­tur aus der kollek­tiv­en Ebene her­aus­gelöst und auf das Indi­vidu­um über­tra­gen: sei es bei der Pri­vatisierung der Altersvor­sorge, der Inter­pre­ta­tion religiös­er Schriften oder dem Man­age­ment von Wis­sensar­beit.

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