Was will ich eigentlich wissen? 4 Tipps für eine eine gute Forschungsfrage


Der Dreh- und Angelpunkt jeder wissenschaftlichen Arbeit in die Forschungsfrage. Egal ob Facharbeit, Hausarbeit, Bachelorarbeit oder Dissertation, mit der Frage steht und fällt die Arbeit. Hier findest du vier Tipps, wie du eine gute Forschungsfrage formulierst.

Dabei ist die Forschungsfrage nicht dasselbe wie der Titel der Arbeit und steht auch nicht unmittelbar an ihrem Anfang. Vielmehr entwickelst du sie erst, während du dich mit der bereits bestehenden Forschung in deinem Themengebiet beschäftigst.

Dieses Themengebiet solltest du zu Beginn möglichst schnell eingrenzen, damit du am Ende deiner Einleitung bereits eine grobe Version deiner Forschungsfrage formulieren kannst. Im Stand der Forschung arbeitest du dann die bestehende Literatur auf und skizzierst im Eigenen Ansatz deine spezielle Perspektive. (Die unterschiedlichen Teile einer wissenschaftlichen Arbeit habe ich in meinem Artikel zu den 5 Abschnitten jeder wissenschaftlichen Arbeit ausführlich erklärt.) Erst dann bist du soweit, deine Forschungsfrage endgültig formulieren zu können.

Die Frage steht also am Ende des theoretischen Teils der Arbeit und leitet die eigentliche wissenschaftliche Arbeit ein. Sie ist dabei meist eine Konkretisierung einer übergreifenden Frage.

Eine gute Forschungsfrage zu formulieren, ist fast schon der wichtigste Teil der Arbeit. Denn sie zeigt, deine Fähigkeit, wissenschaftliche Fragen zu entwickeln und liefert dir im Idealfall eine Struktur für die Arbeit gleich mit.

Hier sind 4 Tipps woran du eine gute Forschungsfrage erkennst:

Steht an ihrem Ende ein Fragezeichen?

Eine Forschungsfrage sollte auch als Frage formuliert sein, denn nur so kannst du am Ende überprüfen, ob du wirklich eine befriedigende Antwort geben kannst.

Es geht in wissenschaftlichen Arbeiten nicht wie in einer Klausur darum, möglichst alles Wissen zu einem bestimmten Thema zu strukturieren und hinzuschreiben. Es geht darum, die bestehende Literatur auf eine konkrete Frage hin zu filtern und zu strukturieren und dann diese eine Frage zu beantworten. Und deshalb solltest du deine Forschungsfrage auch genau so formulieren: als Frage, mit einem Fragezeichen am Ende.

Nicht: „Der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste“
Besser (aber immer noch nicht gut): „Wie begann der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste?“

Am Ende der Arbeit im Fazit solltest du dann eine möglichst prägnante Antwort auf die Frage geben. Am besten übernimmst du dabei sogar die konkrete Formulierung der Frage

„Der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste wurde durch … ausgelöst und durch … verstärkt.“

Ist sie objektiv?

Deine Forschungsfrage sollte möglichst objektiv sein. Achte also darauf, dass sie nicht nach einer Qualität oder subjektiven Einschätzung verlangt, sondern eine möglichst objektive Betrachtung des Sachverhalts ermöglicht.

Einen subjektiven Begriff kannst du gut daran erkennen, dass es dir schwerfällt, ihn messbar zu machen oder theoretisch zu unterfüttern. Willst du beispielsweise über den „Erfolg“ von Unternehmen schreiben, stellt sich sofort die Frage, was „Erfolg“ denn heißt: Umsatz, Gewinn, Mitarbeiterzufriedenheit, Marktdurchdringung oder Marktkapitalisierung?

Präzisiere deine Frage also so lange, bis sie nur noch mit Begriffen arbeitet, die messbar sind oder theoretisch definiert werden können. Das macht deine Frage nicht nur „objektiv“, sondern gibt dir auch gleich die Begriff an die Hand, mit denen du dich ausführlicher auseinandersetzen solltest.

Nicht: „War der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste notwendig?“
Besser: „Welche Faktoren führten zum Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste“?

Nicht: „War Goethe der beste Autor der Romantik?“
Besser: „Warum gilt Goethe als typischer romantischer Schriftsteller?“

Verbindet sie mindestens zwei Konzepte?

Eine Forschungsfrage sollte dich dazu bringen, einen Sachverhalt zu analysieren, ihn tiefergehend zu betrachten und zu verstehen anstatt ihn nur zu beschreiben. Du sollst ja nicht nur ein Ereignis nacherzählen oder beschreiben, wie in der Europäischen Union Entscheidungen getroffen werden, sondern Gründe und Einflüsse herausarbeiten, Parallelen zu anderen Ereignissen aufzeigen oder eine theoretisch fundierte Erklärung entwickeln.

Eine gute Faustregel ist dabei, darauf zu achten, dass in deiner Forschungsfrage mindestens zwei fach-relevante Begriffe auftauchen und miteinander in Beziehung gesetzt werden. Das können Fallbeispiele oder Ereignisse sein, wie „die deutsch-niederländische Grenzregion“ oder „der Fall der Mauer 1989“ aber auch abstrakt-theoretische Konzepte, wie „alltägliche Routinen“, „die Glasnost und Perestroika-Politik der Sowjetunion“ oder „die Systemtheorie Niklas Luhmanns“.

Nicht: „Wie begann der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste?“
Besser: „Wie trug die Demokratisierung zum Ausbruch des ethnischen Konflikts in der Elfenbeinküste bei?

Nicht: „Was schrieb Goethe?“
Besser: „Welche Rolle spielte Goethe in der Entwicklung der Romantik?“

Die Konzepte, die in deiner Frage auftauchen solltest du entsprechend in deiner Arbeit vorstellen und ihre Zusammenhänge herausarbeiten.

Hast du das Gefühl, sie eigentlich auf einer Seite beantworten zu können?

Du solltest das Gefühl haben, dass sich deine Forschungsfrage eigentlich mit einer Seite Text beantworten lassen sollte. Das klingt auf den ersten Blick paradox, wo du doch eigentlich 15, 40 oder sogar 80 Seiten Platz hast, doch der Kern deiner Frage sollte tatsächlich so einfach sein.

Denn es braucht Platz, theoretische Bezüge herauszuarbeiten, Belege aufzuzeigen und Verbindungen herzustellen. Zudem müssen die zentralen Begriffe definiert und diskutiert werden. Schließlich kannst du deine Frage ja auch erst auf Seite 5, 15 oder 30 wirklich in ihrer endgültigen Gestalt ausformulieren.

Auf diese Weise zwingst du dich auch dazu, deine Arbeit zu fokussieren. Gerade wenn du das erste Mal eine längere Arbeit schreibst, kannst du dazu neigen, die ganze Welt erklären zu wollen. Das geht jedoch immer schief und mit einer möglichst präzisen Frage hilfst du dir, diese Falle zu umgehen.

Im Fazit sollte die Antwort auf den Kern deiner Frage dann auch tatsächlich auf eine Seite passen. Natürlich können die theoretischen Überlegungen und empirischen Belege hier auch nochmal gewürdigt werden, aber der Kern deiner Frage sollte sich möglichst knapp beantworten lassen.

Nicht: „Welcher Zusammenhang besteht zwischen Staatsform und Bürgerkriegen?“
Besser: „Wie trug die Demokratisierung zum Ausbruch des ethnischen Konflikts in der Elfenbeinküste bei?“

Eine gute Frage hilft dir, deine Arbeit zu strukturieren

Wenn du diese vier Fragen an deine Forschungsfrage mit „Ja“ beantworten kannst, wirst du merken, dass deine Frage dir bereits einen großen Teil der Struktur für deine Arbeit vorgibt. Sie zwingt dich zu einem inhaltlichen Fokus und gibt dir ein Kriterium an die Hand, nachdem du bewerten kannst, welches Material du in deine Arbeit aufnimmst: „Hilft es mir, meine Frage zu beantworten?“

Gleichzeitig weisen dich die Begriffe in deiner Frage darauf hin, mit welchen empirischen Gegebenheiten und welchen theoretischen Ansätzen du dich in deiner Arbeit auseinandersetzen solltest. Dabei fällt die theoretische Auseinandersetzung in den Stand der Forschung oder den eigenen Ansatz, je nachdem ob dieser Begriff in der entsprechenden Debatte schon etabliert ist oder nicht.

In der eigenen Arbeit geht es dann darum, die Ansätze, Konzepte und Ereignisse zusammenzubringen und möglicherweise empirische Daten hinzuzuziehen, um die Frage so zu beantworten.

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