Digitale Gärten sind auch für den Journalismus ein interessantes Format

Auch der Journalismus hat im hohen Maße dazu beigetragen, dass das Internet als Strom organisiert ist. Er war schon immer von der Zeit abhängig: täglich, wöchentlich oder monatlich wurden zu diesem Zeitpunkt relevante Informationen zusammengestellt und in der Form fertiger Artikel präsentiert. Für die Darstellung komplexerer Zusammenhänge oder das „Wissen“ waren Bücher zuständig, die jedoch ebenfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein mussten, um in den Druck gehen zu können. Bestenfalls gab es dann nach ein paar Jahren mal eine überarbeitete Auflage, die die Informationen auf den neuesten Stand brachte.

Genau diese Gestalt hat Journalismus immer noch: Alles muss einen unmittelbaren aktuellen Bezug haben und in eine „Story“ verpackt sein. Es muss also an den chronologischen Strom der Informationen im Netz anschlussfähig gemacht werden. Gerade komplexe Zusammenhänge leiden jedoch sehr unter dieser Atomisierung, weil sie immer nur in Ausschnitten dargestellt werden können.

Als Beispiel fällt mir hier der Klimawandel ein, wo immer mal wieder eine neue Geschichte darüber kommt, dass wir uns einem weiteren Kipp-Punkt unseres Klimasystems nähern. Das ist dramatisch, aber drei Artikel später wieder vergessen, weil es im Strom der anderen Stories untergeht. Außerdem wird der Gesamtzusammenhang nicht klar. Warum gibt es auf wissenschaftsjournalistischen Angeboten wie spektrum.de nicht eine Seite, auf der zum Beispiel systematisch alle Kipp-Punkte illustriert sind und die im Laufe der Zeit ständig um aktuelle Veränderungen aktualisiert wird?

Eine solche Seite wäre eine wertvolle Informationsquelle, zentraler Anlaufpunkt für alle, die sich für dieses Thema zumindest ansatzweise auf dem Laufenden halten möchten und ein wundererbarer Linktipp für „Skeptiker“.

Auf diese Weise könnte nicht nur Einzelpersonen Digitale Gärten schaffen, sondern auch Institutionen, die in besonderem Maße mit Kompetenz ausgestattet sind.