Infrastruktur als Grundlage sozialen Lebens

Ging es gestern noch um den juris­tis­chen Zwill­ing der Welt, wen­den wir uns heute im Grunde genau dem Gegen­teil zu: der man­i­festen Infra­struk­tur, die das Leben in Teilen der Welt so kom­fort­a­bel und so sich­er macht. In ihrem äußerst lesenswerten Artikel Care at Scale beschreibt Deb­bie Chachra, dass Infra­struk­tur – wie z. B. die Wasserver­sorgung – ganz ähn­lich wie Geld als eine Grund­lage von Wohl­stand ver­standen wer­den kann und muss:

Amartya Sen describes income and wealth as desir­able “because, typ­i­cal­ly, they are admirable gen­er­al-pur­pose means for hav­ing more free­dom to lead the kind of lives we have rea­son to val­ue. The use­ful­ness of wealth lies in the things that it allows us to do—the sub­stan­tive free­doms it helps us to achieve.” This is also a fair­ly good descrip­tion of infra­struc­tur­al sys­tems: they’re a gen­er­al-pur­pose means of free­ing up time, ener­gy, and atten­tion.

Dabei beste­ht zwis­chen der Infra­struk­tur und dem Geld aber ein ganz zen­traler Unter­schied: Geld nutzt nur den­jeni­gen, die es haben, Infra­struk­tur hinge­gen kann die Leben­squal­ität aller verbessern, die an sie angeschlossen sind. Damit wird auch hier eine poli­tis­che Dimen­sion deut­lich, wenn man sich über­legt, welche gesellschaftlichen Grup­pen üblicher­weise bess­er oder schlechter an öffentliche Infra­struk­tur ange­bun­den sind. Gle­ichzeit­ig wird aber auch deut­lich, welch gigan­tis­chen Luxus eine (weitest­ge­hend) funk­tion­ierende öffentliche Infra­struk­tur wie in Deutsch­land darstellt:

My dai­ly needs were met not by virtue of my family’s per­son­al wealth or because we had ser­vants work­ing to pro­vide them, but pret­ty much just because I was grow­ing up in sub­ur­ban Toron­to.

Sie greift zudem Paul Gra­ham Ravens Begriff des col­lec­tive cyborgs auf, der nochmal deut­lich macht, wie sehr wir im glob­alen Nor­den auf diese Infra­struk­tur angewiesen sind und wir uns ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen kön­nen. Kein Wun­der, dass ger­ade diese Infra­struk­tur ein wirk­sames Druck­mit­tel und ein mächtiger Hebel in lokalen wie glob­alen Kon­flik­ten sein kann. Umso wichtiger ist, dass die juris­tisch-soziale Ebene, diese zen­trale Funk­tion berück­sichtigt. Ger­ade im Hin­blick auf die Her­aus­forderun­gen, denen wir uns in den näch­sten Jahrzehn­ten gegenüberse­hen:

To face anthro­pogenic cli­mate change is to become a civ­i­liza­tion that can respond to this shift­ing, unpre­dictable new world while main­tain­ing these sys­tems: if you ben­e­fit from them today, then any future in which they are com­pro­mised is rec­og­niz­ably a dystopia.

Sehr schön anschlussfähig sind hier auch die Über­legun­gen aus dem Band 239 der Zeitschrift Arch+, die ich im Pod­cast zusam­menge­fasst habe:

Quellen

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