Warum KI nicht dabei hilft, besonders gute Bewerbungen zu schreiben und was man dagegen tun kann

@Wel­tenkreuzer @chris­stoeck­er Wie kommt es dann, dass es so viele Maß­nah­men gibt, in denen Kan­di­datÏn­nen ler­nen, solche Schreiben anzufer­ti­gen? Schon da wird doch Lei­den­schaft aus­getrieben. Folge ich dann noch der Auf­forderung, ein Moti­va­tion­ss­chreiben zu schreiben (bzw. tue so, denn ein Moti­va­tion­ss­chreiben kann gar nicht auf Ver­lan­gen ver­fasst wer­den), muss aus (psycho-)logischer Sicht ziem­lich­er Quatsch entste­hen.

Der Ein­satz von KI spiegelt nur das wieder, was (auch von Unis) an wider­sprüch­lichen Anforderun­gen gestellt wird. Als Bewer­ber, der sich vielle­icht bei 40 oder 50 Unis oder Arbeit­geben­den bewirbt, ver­such ich das halt erst­mal mit ger­ingst möglichem Aufwand. Ich halte das für sehr kom­pe­tent.

Dass Men­schen, die beru­flich mit Men­schen (Psy­cholo­gie, Sozi­olo­gie) zu tun haben, hier über dieses selb­st­ge­baute Prob­lem meck­ern, haut mich ziem­lich aus den Sock­en, macht mich trau­rig und wütend.

Ok, das bedarf ein­er aus­führlicheren Antwort auf mehreren Ebe­nen – aber dann kann ich auch gle­ich mal die „Förderierten Antworten“ auf meinem Blog testen. 😉

Was du beschreib­st, ist ein schönes Beispiel dafür, wie und KI mit der Nase in die Wider­sprüche drückt, die wir uns in den let­zten Jahrzehn­ten so einge­brockt haben – meist Kap­i­tal­is­mus sei dank…

Auf der einen Seite haben wir die Bewer­ben­den (um einen Stu­di­en­platz, Stipendi­um, was auch immer), die ihre Chan­cen auf einen Platz ver­ständlicher­weise max­imieren wollen. Dann sind da die Anbi­eter, die logis­cher­weise unter den Bewerber*innen die passend­sten aus­suchen wollen. Als Dritte tauchen dann noch die „Helfer“ auf, die die Bewer­ben­den unter­stützen möcht­en.

Die Bewerbenden

Für die Bewer­ben­den geht es in einem Sys­tem mit hartem Wet­tbe­werb um ziem­lich viel, weswe­gen sie jeden Vorteil nutzen möcht­en. Gle­ichzeit­ig wirken die Kri­te­rien, nach denen entsch­ieden wird, kom­plett undurch­sichtig. Also geht man zu den „Helfern“, die das ver­mit­teln, was man stan­dar­d­isiert ver­mit­teln kann.

Das sind aber im Kern nur ganz all­ge­meine Regeln, bei denen man dann von Fall zu Fall über­legen muss, ob es sich lohnt, davon abzuwe­ichen. Und auf die eine oder andere Weise sollte man auch von diesen Regeln abwe­ichen – aber eben ganz bewusst.

Die Auswählenden

Denn – und hier kom­men wir jet­zt zu den Auswäh­len­den – diese bekom­men Hun­derte von Schreiben. Die aller­meis­ten davon fol­gen den ver­mit­tel­ten Stan­dards und lesen sich damit fak­tisch gle­ich – und das fällt bei KI nochmal stärk­er auf, als bei von Men­schen geschriebe­nen Tex­ten. Als Auswäh­len­der ist nichts lang­weiliger, als sich durch 10, 20 oder mehr dieser Schreiben zu lesen.

Da ist jed­er Text, der Charak­ter hat, eine sehr willkommene Über­raschung und wird immer gle­ich etwas pos­i­tiv­er betra­chtet – egal, ob er sich jet­zt sklavisch an jede Regel hält. Er darf aber eben auch nicht auf den ersten Blick gle­ich mas­siv neg­a­tiv auf­fall­en.

Persönliche Anekdote

Ich habe das selb­st erlebt, als ich nach mein­er Post­Doc-Zeit auf Job­suche war: Ein Jahr lang hat­te ich einen Stan­dard-Lebenslauf und ‑Anschreiben nach allen Regeln der Stan­dard­kun­st – also mega-lang­weilig. 80 Bewer­bun­gen, kein Job und nur eine Hand­voll Ein­ladun­gen.

Dann habe ich in meinem Lebenslauf die chro­nol­o­gis­che Ord­nung aufge­brochen und ihn auf die Kom­pe­ten­zen aus­gerichtet, die in den Auss­chrei­bun­gen gefordert waren. Auch das Design ist wesentlich luftiger und markan­ter gewor­den – ohne unpro­fes­sionell zu wirken. Bei 20 Bewer­bun­gen hat­te ich gle­ich vier oder fünf Ein­ladun­gen und dann auch meinen neuen Job – lustiger­weise einen, auf den ich mich vorher schon mal bewor­ben hat­te, und meine Chefin später meinte: „Wie habe ich Sie damals überse­hen?“

Tipps

Wenn ich Bewer­ben­den Tipps geben würde, lauteten die wahrschein­lich unge­fähr so:

  • Lerne von den „Helfend­en“ den lang­weili­gen Stan­dard
  • Über­lege dir gut, an welch­er Stelle du von diesem Stan­dard abwe­ichen kannst, um (a) aufz­u­fall­en und (b) etwas geeigneter zu wirken als deine Mitbewerber*innen.
  • Nimm dir für die Bewer­bun­gen beson­ders viel Zeit, die (a) gut zu deinen Inter­essen und deinen Kom­pe­ten­zen passen und die du (b) auch beson­ders gerne hättest. Erstelle hier jew­eils möglichst indi­vidu­ell angepasste Texte.
  • In der Bre­ite kannst du auch nur leicht indi­vid­u­al­isierte Texte ver­schick­en – nimm dir für den Stan­dard dieser Texte aber auch Zeit.
  • In diesem Prozess ist für KI nur wenig Platz, evtl. als Spar­ringspart­ner für Ideen und For­mulierun­gen, aber auch hier ist ver­mut­lich ein Men­sch bess­er geeignet, der schon die eine oder andere solche Bewer­bung erfol­gre­ich erstellt hat.
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