Ok, das bedarf einer ausführlicheren Antwort auf mehreren Ebenen – aber dann kann ich auch gleich mal die „Förderierten Antworten“ auf meinem Blog testen. 😉
Was du beschreibst, ist ein schönes Beispiel dafür, wie und KI mit der Nase in die Widersprüche drückt, die wir uns in den letzten Jahrzehnten so eingebrockt haben – meist Kapitalismus sei dank…
Auf der einen Seite haben wir die Bewerbenden (um einen Studienplatz, Stipendium, was auch immer), die ihre Chancen auf einen Platz verständlicherweise maximieren wollen. Dann sind da die Anbieter, die logischerweise unter den Bewerber*innen die passendsten aussuchen wollen. Als Dritte tauchen dann noch die „Helfer“ auf, die die Bewerbenden unterstützen möchten.
Die Bewerbenden
Für die Bewerbenden geht es in einem System mit hartem Wettbewerb um ziemlich viel, weswegen sie jeden Vorteil nutzen möchten. Gleichzeitig wirken die Kriterien, nach denen entschieden wird, komplett undurchsichtig. Also geht man zu den „Helfern“, die das vermitteln, was man standardisiert vermitteln kann.
Das sind aber im Kern nur ganz allgemeine Regeln, bei denen man dann von Fall zu Fall überlegen muss, ob es sich lohnt, davon abzuweichen. Und auf die eine oder andere Weise sollte man auch von diesen Regeln abweichen – aber eben ganz bewusst.
Die Auswählenden
Denn – und hier kommen wir jetzt zu den Auswählenden – diese bekommen Hunderte von Schreiben. Die allermeisten davon folgen den vermittelten Standards und lesen sich damit faktisch gleich – und das fällt bei KI nochmal stärker auf, als bei von Menschen geschriebenen Texten. Als Auswählender ist nichts langweiliger, als sich durch 10, 20 oder mehr dieser Schreiben zu lesen.
Da ist jeder Text, der Charakter hat, eine sehr willkommene Überraschung und wird immer gleich etwas positiver betrachtet – egal, ob er sich jetzt sklavisch an jede Regel hält. Er darf aber eben auch nicht auf den ersten Blick gleich massiv negativ auffallen.
Persönliche Anekdote
Ich habe das selbst erlebt, als ich nach meiner PostDoc-Zeit auf Jobsuche war: Ein Jahr lang hatte ich einen Standard-Lebenslauf und ‑Anschreiben nach allen Regeln der Standardkunst – also mega-langweilig. 80 Bewerbungen, kein Job und nur eine Handvoll Einladungen.
Dann habe ich in meinem Lebenslauf die chronologische Ordnung aufgebrochen und ihn auf die Kompetenzen ausgerichtet, die in den Ausschreibungen gefordert waren. Auch das Design ist wesentlich luftiger und markanter geworden – ohne unprofessionell zu wirken. Bei 20 Bewerbungen hatte ich gleich vier oder fünf Einladungen und dann auch meinen neuen Job – lustigerweise einen, auf den ich mich vorher schon mal beworben hatte, und meine Chefin später meinte: „Wie habe ich Sie damals übersehen?“
Tipps
Wenn ich Bewerbenden Tipps geben würde, lauteten die wahrscheinlich ungefähr so:
- Lerne von den „Helfenden“ den langweiligen Standard
- Überlege dir gut, an welcher Stelle du von diesem Standard abweichen kannst, um (a) aufzufallen und (b) etwas geeigneter zu wirken als deine Mitbewerber*innen.
- Nimm dir für die Bewerbungen besonders viel Zeit, die (a) gut zu deinen Interessen und deinen Kompetenzen passen und die du (b) auch besonders gerne hättest. Erstelle hier jeweils möglichst individuell angepasste Texte.
- In der Breite kannst du auch nur leicht individualisierte Texte verschicken – nimm dir für den Standard dieser Texte aber auch Zeit.
- In diesem Prozess ist für KI nur wenig Platz, evtl. als Sparringspartner für Ideen und Formulierungen, aber auch hier ist vermutlich ein Mensch besser geeignet, der schon die eine oder andere solche Bewerbung erfolgreich erstellt hat.
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