Bei Konsumgütern gibt es keinen gemeinsamen europäischen Markt

Es ist gefühlt schon ein halbes Leben her, dass ich meine Zeit damit verbracht habe, mir die Europäische Integration im Alltagsleben der Menschen wissenschaftlich anzuschauen. In seinem Krautreporter-Artikel Warum Produkte in anderen Ländern oft besser sind macht Gabriel Yoran jetzt noch eine spannende Perspektive auf, die unmittelbar an die Gedanken in meiner Diss anschließt.

Yoran beginnt dabei mit der Beobachtung, dass es trotz eines „freien Binnenmarkts“ erstaunlich schwierig ist, Konsumgüter wie bestimmte Lebensmittel oder Kosmetika aus anderen EU-Ländern in deutschen Supermärkten zu bekommen – vereinzelt mag es Onlineshops geben oder den Weg, Vorräte aus dem Urlaub mitzubringen, aber nicht in der Breite und eben nur, wenn man schon weiß, was man sucht:

Er ist ein merkwürdiges Ding, dieser Binnenmarkt, der Handelshemmnisse bekämpft, aber sich gar nicht darum schert, ob wir diese europäische Vielfalt auch wirklich im Supermarkt vorfinden

Das ist auch ein schönes Beispiel für meine Überlegungen zum juristischen Zwilling, bei dem ein gesellschaftliches Problem auf dem Papier und in den Gesetzen gelöst erscheint, sich diese Lösung aber nicht in der realen Welt manifestiert.

Yoran bringt genau diesen Aspekt nochmal auf den Punkt:

Mit einem abstrakt freien Warenfluss ist das Ziel des EU-Binnenmarkts nicht erreicht. Er müsste vielmehr das konkrete Produkterleben der europäischen Warenvielfalt befördern.

Denn nur dann entsteht ein grenzübergreifender Erfahrungsraum, in dem sich nach und nach immer mehr Gewohnheiten vermischen und hybridisieren, sodass auch ein „Europa der Leute“ entstehen kann.