Das Klischee des Hackers ist der junge Mann im Hoodie, der im Keller seiner Eltern sitzt und sich mit den Starken und Mächtigen dieser Welt anlegt. Das macht eindrucksvolle Bilder und entspricht zumindest im letzten Punkt auf dem Selbstbild eines Teils der klassischen Hacker-Bewegung. Fasst man den Begriff des Hackens aber etwas weiter, bleibt nicht mehr viel von dieser romantisch-rebellischen Vorstellung. So schreibt Bruce Schneier in seinem Buch „A Hacker’s Mind“:
It isn’t countercultural misbehavior by the less powerful. A hacker is more likely to be working for a hedge fund, finding a loophole in financial regulations that lets her siphon extra profits out of the system. […] In my story, hacking is something that the rich and powerful do, something that reinforces existing power structures.[…] Hacking is how the rich and powerful subvert the rules to increase both their wealth and power.
Wie Schneier schreibt, ist Hacking in erster Linie ein „kreativer“ Umgang mit einem System von Regeln, der Handlungsmöglichkeiten eröffnen soll, die das System an sich nicht vorsieht oder sogar aktiv verhindern soll.
Das kann also der klischeehafte Hacker in seinem Keller sein, der die CIA um ein paar Staatsgeheimnisse erleichtert. Dieser Hacker wird im Anschluss allerdings von der geballten Polizeimacht gesucht und verfolgt werden. Der Großkonzern hingegen, der mit einer kleinen Software das Abgaskontrollsystem hackt, mit einem „Double Irish and a Dutch Sandwich“ das Steuerrecht aushebelt oder clevere Finanzderivate mit unkalkulierbarem Risiko auflegt, kann damit rechnen glimpflich davonzukommen oder gar mit Steuergeld aus seiner misslichen Lage gerettet zu werden.
Entscheidend ist nämlich meist nicht der Hack an sich, oder der angerichtete Schaden. Entscheidend ist, wie das „Opfer“ des Hacks mit diesem umgeht. Mächtige Akteure können mit ihrer Macht auf Hacks reagieren und beispielsweise Anwälte oder auch die Polizei dagegen in Stellung bringen. Wird aber beispielsweise das Recht selbst gehackt, steht die Politik in der Verantwortung entsprechend zu reagieren und da sind die Erfahrungen leider nicht die Besten. Dieselben Anwälte und Lobbyisten können nun argumentieren, dass der Hack doch eigentlich eine gute Idee war und dauerhaft erlaubt oder zumindest implizit toleriert werden sollte…
So dient das Hacking meist nicht der Revolution, sondern im Gegenteil der illegitimen Festigung von Machtstrukturen. Gehackt werden dabei nicht technische Firewalls, sondern gesellschaftliche Schutzmechanismen – unter anderem vor ungezügeltem Kapitalismus.
Artikel, die auf diesen Text verweisen
Kommentare