Drei Ideen aus „Perfektionismus“ von Raphael M. Bonelli
Bis vor ein paar Wochen habe ich an dieser Stelle Sachbücher ausführlich zusammengefasst. Jetzt versuche ich mich mal an einem etwas knapperen Format, das ich mir ganz dreist von Konrad Lischka leihe: die zwei, drei oder vier zentralen Punkte eines Buchs knapp und großes Drumherum. Den Anfang macht das Buch Perfektionismus des Wiener Psychiaters Raphael M. Bonelli, der einer Störung auf den Grund geht, die heute irgendwie als schick gilt:
- Perfektionismus beruht nicht auf zu hohen Ansprüchen. Für Bonelli sind hohe Ansprüche sogar erstrebenswert, da sie uns dabei helfen, immer besser zu werden und es uns ermöglichen, Exzellenz anzustreben.
- Das erstrebenswerte SOLL wird zu einem gefühlten MUSS. Perfektionisten gelingt es nicht, die zwangsläufig entstehende Spannung zwischen den selbstgestellten Anforderungen und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit zu ertragen. Sie können sich selbst nicht transzendieren und vermischen das Idealbild mit ihrem mangelbehafteten Selbst. Dabei sind sie nicht in der Lage, den Dingen ihren angemessenen Platz einzuräumen.
- Die Angst vor dem „Versagen“ führt zu einem Vermeidungsverhalten. Da sie nicht mit ihrer Fehlerhaftigkeit konfrontiert werden wollen, meiden Perfektionen die Herausforderungen und suchen in erster Linie nach Sicherheit.
In den ersten Kapiteln des Buchs gelingt es Bonelli hervorragend, das Phänomen des Perfektionismus auf seinen Kern zu reduzieren: Die Unfähigkeit, die eigenen wahrgenommenen Fehler und Mängel aus einer realistischen Perspektive zu betrachten. Im weiteren Verlauf verliert er dann zwar ein wenig seine analytische Schärfe, das Buch bleibt aber durchaus lesenswert.