Von Luftpumpen und Vögeln
Ein bestimmtes Gemälde von Joseph Wright of Derby zeigt das Verhältnis der Menschen zur beginnenden Industrialisierung und der wissenschaftlichen Revolution: „Das Experiment mit dem Vogel und der Luftpumpe“, das heute in London zu sehen ist.
„Das Experiment mit dem Vogel und der Luftpumpe“ von Joseph Wright of Derby
Im Mittelpunkt steht der Vogel in der Glaskugel, aus der rot gekleidete Experimentator nach und nach die Luft heraus lässt. Der Vogel windet sich im Todeskampf, während ein einziges Wort eines der Umstehenden das Experiment sofort beenden könnte. Doch die sind, wie das Liebespaar links, mit sich selbst beschäftigt oder wenden sich vor Grauen ab. Es gibt auch diejenigen, die das Experiment gebannt verfolgen oder etwas Abseits darüber nachdenken. Sie alle bleiben passiv und greifen nicht ein - auch wenn sie es könnten. Nur ein kleines Mädchen wirkt ernsthaft erschüttert, sie kann aber als kleines Kind nichts anderes, als hilflos zuzusehen.
Die Rolle des Experimentator wird in der alten WDR-Serie „1000 Meisterwerke“ als die eines kalten Wissenschaftlers beschrieben, auf mich wirkt er aber eher der Situation entrückt. Er schaut auf den Betrachter des Bildes direkt an und fordert ihn mit seinem fast entgeisterten Blick auf, das Geschehen zu bezeugen: „Siehst du das auch? Keiner tut etwas, obwohl sie alle dem ein Ende setzen könnten.“
Mit dieser Interpretation gewinnt das Bild eine wesentlich aktuellere Bedeutung als die Reaktion auf die industrielle Revolution. Es wird vielmehr - natürlich unbeabsichtigt - zu einer Darstellung des Umgangs mit der beginnenden Klimakatastrophe.