Tipp 7: Halte dich selbst nicht vom Schreiben ab [10 Tipps]


Ein wissenschaftlicher Text muss argumentativ geschliffen, präzise formuliert und formal korrekt sein. Wenn du all diese Ziele gleich im ersten Entwurf erreichen willst, machst du dir das Leben unnötig schwer. Wesentlich einfacher ist es, den ersten Entwurf als Rohversion zu verstehen. Die dient dann in erster Linie dazu, deine Gedanken möglichst schnell zu Papier zu bekommen.

Selbst für erfahrene Autorinnen mit jahrelanger Routine ist es jedes Mal aufs Neue schwierig, die zahlreichen Ideen im Kopf in einen die Leserin verständlichen Text zu gießen: Welche Aspekte bespreche ich? Was muss ich ausführlicher erklären? Was kann ich auslassen? Wie schlage ich den Bogen von Argument A zu Argument B? All diese Fragen muss eine Autorin für sich beantworten, um aus dem Geflecht aus Ideen und Argumenten im Kopf einen linearen Text zu formen, in dem ein Wort auf das andere folgt.

Das alles zu bedenken ist schwierig genug, ohne dass man sich dabei noch Gedanken über eine möglichst elegante Formulierung oder die korrekte Rechtschreibung von „Rhythmus” machen muss. Daher solltest du insbesondere am Anfang den Schreibprozess nicht über­frachten.

Der erste Entwurf darf Mist sein

Der erste Entwurf deines Textes darf voller Rechtschreibfehler, fragmen­tarischer Sätze und inhaltlicher Sprünge sein. Aber er beinhaltet das magische Wort „Ende”. Er ist die erste inhaltlich vollständige Version eines Textes, in dem du dein Argument vom ersten bis zum letzten Wort führst. Ann Lamott hat dafür den treffenden Begriff des shitty first draft geprägt.

Dazu gilt es, den Text „einfach” runterzuschreiben, ohne sich mit Formulierungen, Rechtschreibung oder Korrekturen herumzuplagen. Reihe also einfach Wort an Wort und versuche dabei möglichst wenig zu korrigieren oder schon geschriebene Textstellen zu überarbeiten. Dafür ist später immer noch Zeit. Dabei kann dir eine vorab erstellte Struktur (s. Tipp 4) durchaus helfen, aber sie ersetzt nicht den eigentlichen Schreibprozess, in dem aus Stichpunkten ein Fließtext wird.

Wenn du gleich im ersten Anlauf einen perfekten Text produzieren willst, besteht die Gefahr, dass du dich unnötig lange an Details aufhältst. Das produziert Hemmungen, überhaupt mit dem Schreiben zu beginnen. Denn wenn jeder Satz sofort perfekt sein muss, ist jedes getippte Wort mit großen Erwartungen aufgeladen und jede notwendige Korrektur ein persönliches Versagen.

7,5 Seiten Text in einer Woche und jede Menge Zeit dazu

Du verfügst nur über eine begrenzte Menge an Energie, die du an einem Tag einsetzen kannst – gerade für eine mental so anstrengende Sache wie das Schreiben. Du kannst diese Schreibenergie nun über einen ganzen Tag strecken und hast am Ende mit viel Selbstdisziplin 500 bis 1000 Wörter geschrieben. Dann brauchst du aber erstmal einen oder zwei Tage zur Erholung und um dich um die anderen Dinge zu kümmern, die währenddessen liegen geblieben sind.

Genauso gut kannst du dir jedoch angewöhnen, jeden Tag eine kurze konzentrierte Schreibphase von einer halben Stunde einzuplanen. Wenn du dabei einen shitty first draft schreibst, bekommst du mit der Zeit mit ein wenig Übung 300 bis 500 Wörter (ca. 1,5 Seiten) geschrieben. Damit kannst du das Thema für diesen Tag abhaken. Das funktioniert aber nur, wenn du bereits weißt, was du inhaltlich so ungefähr schreiben willst.

Wenn du diese 30 Minuten gleich als Erstes morgens einplanst und das für eine Woche durchziehst, stehen am Ende einer Arbeitswoche immerhin 7,5 Seiten Text, die du nur noch überarbeiten musst. Gleichzeitig hast du den kompletten Rest des Tages und das Wochenende Zeit für Veranstaltungen, Recherche, Konzeption und natürlich Freundinnen und Freizeit. Klingt gleichzeitig machbar und verlockend, oder?

Wichtig sind dabei die Kontinuität und die Routine. Wenn du mal keine Lust hast oder meinst, eine „Pause verdient zu haben”, versuche diesem Impuls zu widerstehen und trotzdem für 30 Minuten zu schreiben. Überarbeiten musst du den Text im Anschluss ohnehin noch.

Überarbeite deinen Text gründlich

Dass du den Text schnell geschrieben hast, bedeutet, dass du Zeit in die Überarbeitung investieren musst. Das müsstest du aber auch, wenn du den Text langsamer geschrieben hättest, denn ein erster Entwurf ist nie wirklich fertig. Dieser Abschnitt der 10 Tipps zum Schreiben deiner Bachelorarbeit entsteht zum Beispiel erst im dritten Überarbeitungs­durchlauf. Eine gründliche Überarbeitung kann dabei den Unterschied zwischen einer mäßigen und einer wirklich guten Arbeit ausmachen.

Deinen Text zu „überarbeiten“ bedeutet aber nicht nur, ihn auf Rechtschreib- und Kommasetzungsfehler zu überprüfen. Tatsächlich geht es darum, so lange an deinem Text zu feilen, bis er deine Argumentation deinen Leserinnen verständlich vermittelt (s. Tipp 6). Dazu bietet es sich an, ihn auf drei Ebenen zu überarbeiten: den Inhalt, die Struktur und die Sprache. Entsprechend musst du für diesen Schritt ausreichend Zeit einplanen, das geht nicht einfach mal so an einem oder zwei Abenden.

Achte bei der inhaltlichen Überarbeitung darauf, dass du deinen Text auf das Niveau von Fachleuten anpasst und die relevanten Informationen lieferst, ohne deine Leserinnen mit trivialen Aussagen zu langweilen oder mit irrelevanten Details zu überladen (s. Tipp 3). Es kann also zum Beispiel sein, dass du Aspekte rausstreichen kannst und dafür andere Themen doch noch kurz ansprechen musst.

Bei der strukturellen Überarbeitung geht es in erster Linie darum, ob deine Argumentation für deine Leserinnen nachvollziehbar gegliedert ist. Hier kannst du zum Beispiel aus jedem Unterkapitel die zentrale Aussage heraussuchen und dann überprüfen, ob die Aussagen zusammen eine schlüssige Argumentation ergeben. So kannst du herausfinden, ob du vielleicht noch was an der Reihenfolge ändern, ein Unterkapitel einfügen oder eines rauswerfen solltest. Hier merkst du auch ganz gut, ob klar wird, welche Funktion jedes der Unterkapitel für deine Argumentation hat (s. Tipps 4 & 5).

Die sprachliche Überarbeitung dient schließlich dazu, sicherzustellen, dass das dein Text sprachlich verständlich ist und den Anforderungen an wissenschaftliche Schriftsprache entspricht (s. Tipp 8).

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