Superhelden, der Status-Quo und die Macht der Protagonisten

In einem äußerst sehenswerten Video zeigt Pop Culture Detective auf, warum die Superhelden-Geschichten aus dem Marvel-Universum grundlegend konservativ sind und in erster Linie den Status Quo verteidigen: Iron Man, Hulk und Co nutzen ihre Kräfte immer nur dann, wenn besagter Status Quo angegriffen wird und nie, um proaktiv eine bessere Welt für die Menschen zu gestalten.

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Im Gegenteil, Wunsch und Wille nach Veränderung gehen immer von den Bösewichten aus. Während einige fraglos böse Ziele verfolgen, wollen andere die Gesellschaft tatsächlich in der einen oder anderen Form verbessern. Bevor die Zuschauer*innen aber echte Sympathien für sie entwickeln können, begehen sie irgendeine unverzeihliche Tat. Diejenigen, die Veränderungen vorantreiben, sind also immer als böse markiert und ihr Handeln überlagert in der moralischen Bewertung ihre Ziele.

Erinnert nur mich das an den Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit den Umweltaktivistinnen von Die letzte Generation oder Extinction Rebellion? Kaum gewinnen echte gesellschaftliche Veränderungen ein wenig Unterstützung und echte Hoffnung auf Umsetzung (z. B. durch das 9€-Ticket), werden ihre Aktivistinnen als Bösewichte markiert und es wird fürderhin nur noch über den moralischen Wert ihres Protestes diskutiert. Und nicht mehr über seine Inhalte.

Diese Interpretation der Superhelden als Verteidiger des Etablierten lässt sich auch mit diesem extrem lesenswerten Artikel von Ada Palmer und Jo Walton verbinden: The Protagonist-Problem: Hier zeigen die beiden Autorinnen auf, wie wir uns in der westlichen (Pop-)Kultur daran gewöhnt haben, dass nur individuelle Protagonist*innen das Geschehen vorantreiben können. Nur sie können handeln und echte Veränderung bewirken. Was sagt es nun über die narrative Grundlage unserer Gesellschaft aus, wenn eines der größten Franchises grundlegend passive und konservative Protagonisten hat?

Dazu passt dann auch sehr gut das Buch Erzählende Affen von Samira El Ouassil und Friedemann Karig, das ich für Zwischen zwei Deckeln zusammengefasst habe.

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